Genusdiskurse am Beispiel von Trommeln in Havanna
Peter Lang Verlag, Frankfurt/M. 2005, 187 Seiten, € 39,-
Abbildungen archäologischer Funde aus dem Neolithikum bis in die Zeit der Römer und Griechen belegen, dass die Trommel ursprünglich vor allem von Frauen gespielt worden war, die zu jener Zeit religiöse Funktionen innehatten.
Davon inspiriert und angeregt durch eigene Erfahrungen als Rock- und Popschlagzeugerin in einer gegenwärtig männlich dominierten Musikszene, stellt die österreichische Ethnologin Lucia Mennel im vorliegenden Buch die Repräsentationen femininer und maskuliner Prinzipien in der kubanischen Perkussion am Beispiel von Havanna dar.
Zwei Feldforschungen in Havanna, ergänzt durch die diskursanalytische Aufarbeitung literarisch-ethnographischer Werke, ergeben eine für Lesende abwechslungsreiche Fülle an Informationen, die sowohl Kubas Ethnizität und Nationalität im musikhistorischen, sozialen, religiösen und geschlechtsspezifischen Kontext enthält als auch detaillierte soziohistorische Darstellungen von Havanna als kommerziellem und kulturellem Zentrum einer multiethnischen Nation. Diese Nation bewegt sich im Spannungsfeld von spanischen, afrikanischen, chinesischen und karibischen Ethnien, deren kulturelle Verschmelzung besondere sprachliche, musikalische und identitätsstiftende Verhaltensmuster hervorgebracht hat.
Sakrale Trommeln werden mit göttlicher Kraft aufgeladen, um die Kommunikation zwischen Menschen, AhnInnen und Gottheiten aufrecht zu erhalten. Auf Grund von Vorstellungen von „Reinheit“ dürfen sie nach wie vor nur von initiierten Männern gespielt werden, hingegen werden „ungetaufte“ Trommeln inzwischen zunehmend auch von Frauen gespielt.
Dieses Buch enthält nicht nur wertvolle Hintergrundinformationen für enthusiastische TrommlerInnen, die Rhythmen wie „Bembe“, „Palo“, „Makuta“ u.a. aus Workshops kennen, sondern liefert eine Vielfalt an Aspekten zu transkulturellen und genusrelevanten Veränderungsprozessen.