Die Europäische Union und die AKP-Staaten haben sich auf die Grundzüge ihrer Zusammenarbeit in den kommenden 20 Jahren geeinigt
Zwar pries Poul Nielson, EU-Kommissar für Entwicklung und humanitäre Hilfe, das Ergebnis als „bemerkenswerte, innovative Errungenschaft“ und als „bedeutenden Beitrag zur Förderung eines Nord-Süd-Dialogs in der Zeit nach Seattle“. Ein Vertreter des Civil Society Forum der AKP-Länder, Muthoni Muriu, wiederum erklärte, das neue Abkommen sei im allgemeinen „nicht schlechter als Lomé, trotz der geringeren Hilfe“ – wichtig sei die Verankerung einer rechtlichen Basis für die formelle Einbeziehung der Zivilgesellschaft. Eine gründliche Bewertung des neuen Abkommens steht allerdings noch aus.
Sicher nicht beispielgebend ist die reale Kürzung der verfügbaren Finanzmittel, und das, obwohl sich 80 Prozent der ärmsten Länder der Welt unter den AKP-Staaten befinden. Der Gesamtbetrag von 15,2 Mrd. Euro liegt zwar nominell höher als die Mittel für die Periode 1995-2000, gilt dafür aber bis 2007 und damit für einen um zwei Jahre längeren Zeitraum. Addiert man die noch übrigen 10 Mrd. Euro des letzten Europäischen Entwicklungsfonds (EEF), könnte der jährliche Auszahlungsbetrag zwar auf 3,5 Mrd. Euro anwachsen – aber nur, wenn es gelingt, Kapazitäts- und Bürokratieprobleme der EU zu beseitigen, wie die Kommission einräumt.
Auch mit Stabex und Sysmin, den ausgehungerten Fonds zur Stabilisierung der Erlöse aus Rohstoffexporten, ist es offenbar vorbei. Diese Mittel fallen nun unter strukturelle Anpassungshilfe und dürften, genauso wie die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit im Allgemeinen, einer verschärften Konditionalität auf zunehmend bilateraler Ebene unterliegen („Performance“, „gute Regierungsführung“).
Dass die einseitigen Handelspräferenzen der AKP-Länder durch die allgemeine Liberalisierung ihren Wert verlieren und den Regeln der Welthandelsorganisation WTO widersprechen, war klar. Durchaus als Erfolg der AKP-Länder kann gelten, dass die EU beim Tempo der geforderten Öffnung der AKP-Märkte zurücksteckte – ein möglicher Effekt des Scheiterns der WTO-Ministerkonferenz in Seattle.
Nicht ab 2005, sondern erst ab 2008 müssen WTO-kompatible Freihandelsabkommen mit einzelnen AKP-Regionen umgesetzt werden, und eine volle Marktöffnung könnte sich im Einzelfall noch bis 2023 hinziehen. Unklar bleibt aber weiterhin, was mit Ländern geschieht, die sich keiner Region anschließen, oder wie sich die versprochene Zollfreiheit für die Ausfuhren der ärmsten Länder (spätestens ab 2005) mit ihrer Mitgliedschaft in solchen regionalen Freihandelszonen verträgt.
Was die Zukunft der für einige AKP-Länder essentiellen, aber nicht WTO-konformen Handelspräferenzen für Zucker, Rum, Rindfleisch, Reis und Bananen betrifft, hat sich die EU offenbar verpflichtet, allenfalls betroffenen Ländern mit verstärkter Hilfe unter die Arme zu greifen; allerdings entscheidet hier letztlich der EU-Rat auf Vorschlag der Kommission.
Wie geht es weiter? Da mit dem Ablauf des letzten Lomé-Abkommens Ende Februar auch die WTO-Genehmigung der AKP-Handelspräferenzen erlischt, droht ein rechtliches Vakuum, denn die EU hat es bisher verabsäumt, eine neue Genehmigung zu beantragen. Eine von manchen Kritikern beschworene unmittelbare Gefährdung zahlreicher Exportindustrien in den AKP-Ländern ist jedoch nicht zu erwarten: Gäbe es tatsächlich Signale für eine negative Haltung der WTO, hätte sich die EU ein diplomatisches Eigentor der Sonderklasse geschossen.
Apropos: Noch in der letzten Minute wären die Verhandlungen fast an der von der EU geforderten Rücknahmeverpflichtung für illegale Einwanderer gescheitert, was nun bilateral geregelt werden soll. Die Regierungsbeteiligung einer „extremistischen“ Partei in Österreich lag dabei den EU-Unterhändlern sichtlich im Magen, so das AKP-Sekretariat in Brüssel – womit die Lomé-Verhandlungen auch von einem Österreich-Effekt geprägt wurden.
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