Begegnungen einer Kriegsberichterstatterin.
Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten 2002, 256 Seiten, € 21,90
Nüchterne – und naturgemäß ernüchternde – Erlebniserzählungen sind es, mit denen die Chefin des „Kurier“-Außenpolitikressorts ihre LeserInnen mitnimmt auf Recherchereisen zu Kriegsschauplätzen in Irak, Saudi-Arabien, Afghanistan, Tschetschenien, Bosnien, Kosovo und Serbien. Kurze, manchmal atemlose Sätze skizzieren Menschen, Situationen, Impressionen, die sich zu konkreten Bildern verdichten, sagen lakonisch, manchmal sarkastisch das Unsägliche, die real-existierende Grausamkeit, die sich hinter den bloßen Nachrichten verbirgt. In Grosny sieht Klingl: „Häuser wie verfaulte Zähne, ohne Abschluss, ohne Dach, schmiedeeiserne Balkone hängen senkrecht an durchsiebten Fassaden.“ Hintergrundinformationen werden nur spärlich eingestreut. Die Rahmenhandlungen der Konflikte sind ohnehin bekannt. Den Details gilt das Augenmerk.
Mit journalistischer Professionalität entlarvt die Autorin die Lächerlichkeit mancher Propaganda-Inszenierung ihrer offiziellen Gastgeber und kratzt selbst hinter der Fratze eines in Irak für sie abgestellten Staatssicherheitsspitzels noch dessen erbärmliche persönliche Existenz hervor.
„Es lässt sich nicht verhindern, Partei zu werden – auch wenn der Beruf Neutralität verlangt, und innerlich auf der Seite derer zu stehen, die von den Stärkeren schikaniert werden“, schreibt Klingl. Als Kriegsberichterstatterin hat sie besonderes Augenmerk für die Nöte der Frauen. Krieg, schreibt sie aus einem tschetschenischen Flüchtlingslager, bedeute vor allem: „Frauen, Kinder und Alte, zusammengedrängt auf engstem Raum, nicht wissend, wo die Männer sind. Zum Nichtstun verurteilt und damit zum ständigen Nachdenken über das elende Dasein …“
Ihre Aufmerksamkeit gilt den Menschen, die sie zwischen den Fronten trifft, weniger sich selbst. Livia Klingl verzichtet in ihren Geschichten wohltuend auf (gerade unter den zumeist männlichen Kollegen ihrer Zunft häufig anzutreffende) Darstellungen der eigenen Heldenhaftigkeit ihrer Berufsausübung. Einen Makel allerdings teilt ihr Buch mit der österreichischen Medienlandschaft: Afrika und Lateinamerika kommen darin nicht vor.