Beispiel São Paulo: Immer mehr große Firmen verfahren in der brasilianischen Wirtschaftsmetropole wie der Kosmetikkonzern Avon. Bestimmte Arbeiten werden an lokale Betriebe vergeben, die ihrerseits an Frauen in Heimarbeit auslagern. „Die Hälfte von ihnen baut Lippenstifte zusammen“, erklärte der Manager eines Subunternehmens mit Blick auf einen Slum in São Paulo. Durch dieses Subunternehmertum gelingt es auch etablierten Firmen des formellen Sektors, immer mehr Produktion dorthin zu verlagern, wo die ArbeiterInnen gewerkschaftlich nicht organisiert sind und wo sie nicht den Regelungen des brasilianischen Arbeitsgesetzes von 1988 unterliegen. Schuluniformen nähen, Kalender fertigen, Griffe an Taschen befestigen oder eben Lippenstifte zusammensetzen – all das wird in Heimarbeit getan. Die Betriebe des formellen Sektors sparen so direkte Kosten, und sie gewinnen an Flexibilität. Wenn, wie in der Bekleidungsindustrie, die offizielle Beschäftigung durch Auslagerung in den informellen Sektor auf rund die Hälfte gesenkt wird (wohlgemerkt bei gleichbleibender Produktion), dann kann der fluktuierenden Nachfrage leichter begegnet werden: Ist sie hoch, wird den Heimarbeiterinnen viel abgenommen, ist sie niedrig, dann bleiben diese – und nicht die Firma mit dem guten Namen – auf ihren Hosen und Hemden sitzen.
Quelle: Buechler, Simone: 2000 The Degradation of Work in the Global Economy: Low Income Women and the Precarious Labor Market in São Paulo, Brazil. In: Saskia Sassen, Peter Marcotullio (eds): Global Sustainable Development. Encyclopedia of Life Support Systems. UNESCO.