Im südbrasilianischen Hinterland gehen die Uhren anders. Cândido Godói, eine Kleinstadt nahe der Grenze zu Argentinien, lebt von der Landwirtschaft. Manche Bauern bestellen ihre Parzellen noch mit dem Ochsenpflug. Angebaut werden Soja, Weizen, Mais und Bohnen, Obstbäume gelten als Wahrzeichen der Stadt. Armenviertel gibt es ebenso wenig wie hoch umzäunte Grundstücke oder vergitterte Fenster. Über 80 Prozent der EinwohnerInnen sind deutscher Abstammung. Viele unterhalten sich noch im Hunsrückdialekt, den ihre Vorfahren im 19. Jahrhundert mitgebracht haben.
Seit ein paar Jahren mischen sich auch noch Schwyzerdütsch und Vorarlbergerisch in die Sprachenvielfalt von Cândido Godói. Viele Jungbauern arbeiten nämlich in der Dreiländerregion Österreich/ Schweiz/Liechtenstein, derzeit sind es 60. Marcos Habitzreuter, ein 25-jähriger Blondschopf mit Ohrring, ist vor kurzem aus Vorarlberg zurückgekommen. Die Brasilianer würden von österreichischen Landwirten als zuverlässige und billige Arbeitskräfte geschätzt, berichtet er. Ihr deutschsprachiger Hintergrund sei ein großes Plus gegenüber Wanderarbeitern aus Osteuropa, „aber auch bei den Mädchen“, sagt er augenzwinkernd. „Leider läuft nach zwei Jahren die Arbeitserlaubnis ab, definitiv.“
Das in Vorarlberg Ersparte steckt Habitzreuter in seinen kleinen Hof, auch das in Vorarlberg erworbene Know-How kommt ihm jetzt zugute. Umgekehrt besuchen immer wieder Bauern aus den Alpen ihre alten Bekannten in Cândido Godói.
Liebe Grüße
Gerhard Dilger
aus Cândido Godói