„LebensKunst“ statt Nachhaltigkeit

Von Harald A. Friedl · · 2000/06

In Hannover beginnt die Expo 2000. Der große thematische Aufhänger, die Agenda 21, ist jedoch am Österreich-Stand kein zentrales Thema.

Als das „Land der LebensKunst“ wird sich Österreich auf einer Fläche von über 8.000 m˛ präsentieren, wenn ab dem 1. Juni in Hannover die größte Weltausstellung aller Zeiten beginnt. 50 innovative Unternehmen, vom Forschungszentrum Seibersdorf bis zum Verein „Arche Noah“, der traditionelle Garten- und Feldpflanzen erhalten will, werden auf der Expo ausstellen.

Sie sollen dabei von Österreichs wirtschaftlicher Kompetenz zeugen, während sich die einzelnen Bundesländer als touristische Traumziele ins rechte Bild rücken. Untermalt wird diese 250-Millionen Schilling teure Leistungsschau von einem breit gefächerten Kulturprogramm, das über 200 Veranstaltungen aus sämtlichen Kulturbereichen – von der Life-Übertragung einer Zauberflöten-Aufführung bis zur Lesung der Falco-Biographie durch Rudi Dolezal – über die Bühne jagen wird.

Das Motto dieser Nationen-Selbstdarstellung, „Ein anderer Blick auf Österreich“, steht zwar schon sehr viel länger als die neue Regierung, trifft aber haargenau das Bedürfnis der Veranstalter: den BesucherInnen ein anderes als jenes von Europa ausgegrenzte Österreich vor Augen zu führen.

Wer unter all dem Spektakel jedoch nach Standorten sucht, die dem groß geschriebenen Expo-Aufhänger, der Agenda 21, gerecht werden, ist in der Österreich-Halle fehl am Platz. Dererlei findet sich ausschließlich im „Haus der weltweiten Projekte“, wo sich innovative Ideen zur Umsetzung von „Nachhaltigkeit“ präsentieren. Von einer Fachjury wurden immerhin acht österreichische Projekte ausgewählt, in diesem internationalen Kreis von einigen hundert zukunftsweisenden Projekten aufgenommen zu werden, während etwa aus Frankreich nur vier Projekte stammen.

So präsentiert sich etwa Graz als die „Zukunftsbeständige Stadt“. 1996 als erste Stadt Europas mit dem Titel „Ökostadt 2000 / Lokale Agenda 21“ ausgezeichnet, konnte die Murmetropole durch ihre vernetzte Umweltpolitik mit insgesamt 164 Teilinitiativen massive Reduktionen beim Emmissions- und Müllaufkommen erreichen.

Dass neue Kraftwerke durch Energieeinsparungen überflüssig werden, zeigt die Tiroler Gemeinde Pfunds mit ihrer Initiative eines nachhaltigen kommunalen Energiekonzepts. Durch Maßnahmen wie den massiven Einsatz von Solaranlagen und verbesserten Isolierungen im Wohnbau konnte der Kohlendioxid-Ausstoß in Pfunds um zehn Prozent gesenkt werden. Mit speziellen Wassersparventilen für alle Haushalte werden jährlich 28 Millionen Liter Trinkwasser gespart.

Mittlerweile gilt Pfunds international als Vorbild für Kleingemeinden im „Klimabündnis“.

Dererlei Beispiele beweisen zwar, dass nachhaltiges Wirtschaften in Hinblick auf eine tragfähige Zukunft sehr wohl möglich wäre, insgesamt aber werden die leisen, alternativen Töne auf der Expo2000 vom sensationellen Showbiz der globalen Wirtschaftstrends lauthals übertönt.

Harald A. Friedl ist Publizist und Redakteur der wirtschaftspolitischen Internet-Zeitschrift „zum Thema“ (www.zum-thema.com).

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