Lateinamerikanischer Mantel- und Degenroman

Von Renate Sova · · 2006/06

Ähnlich spannend wie die Urfassung von „Zorro“ – von Johnston McCulley im Groschenroman „Der Fluch von Capistrano“ erfunden und 1919 im Magazin All-Story Weekly erstmals erschienen – beschreibt Isabel Allende die Kindheits- und Jugendzeit von Diego de la Vega, dem Sohn eines spanischen Edelmannes und einer rebellischen Indianerin. Interessant die Entwicklung und Erziehung des Kindes in einer Welt von katholischen Missionaren, spanischen Despoten und IndianerInnen, die ihre unterdrückte Kultur nur heimlich praktizieren können.
Der Vater Diegos ist ein gegen die Konventionen der spanischen Einwanderer verstoßender Haciendabesitzer, trotzdem ist er zutiefst konservativ und zeigt weder Verständnis für die Rechte der indigenen Bevölkerung noch für die Bedürfnisse einer selbstbewussten Frau. Die Mutter Diegos ist die Nachfahrin einer Schamanin, die den Kampf gegen die spanischen Besetzer Kaliforniens anführt. Beeinflusst von seiner unkonventionellen Mutter und seinen Freundschaften in Indianerkreisen bekämpft Diego schon sehr jung die Ungerechtigkeiten rund um seine Lebenswelt. Doch nicht nur sein Sinn für Gerechtigkeit, auch die romantische Liebe zu Juliana de Romeu beflügelt seinen Wagemut und führt zu wilden Kämpfe mit einem Nebenbuhler.
In dem Roman ist Allendes politisches Engagement kaum zu erkennen, es sind kaum sozialkritische Inhalte zu finden und auch kein magischer Realismus. Wie in jedem klassischen Abenteuerroman tummeln sich leidenschaftliche Männer, unglücklich Liebende, wilde KämpferInnen und schöne Frauen in jeder Szene. Die Charaktere sind plakativ, Gut ist von Böse an äußeren Merkmalen sofort zu unterscheiden. Trotzdem ist diese Geschichte über den Lebensweg des jungen Diego de la Vega vom Dandy zu einem gerissenen Rächer der Unterdrückten unterhaltsam und kurzweilig zu lesen. Farbenfroh und detailliert beschreibt Allende das Kalifornien und Spanien des frühen 19. Jahrhunderts. Wenn man darauf verzichtet, von Isabelle Allende Anderes und Gehaltvolleres zu erwarten, dann ist dieses Buch gute Urlaubslektüre – aber nicht mehr.

Isabel Allende: Zorro. Roman. Aus dem Span. übersetzt von Svenja Becker. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2005, 444 Seiten, EUR 23,50

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