Burkina Faso ist ein Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (ÖEZA). Die Beziehungen existieren seit 30 Jahren.
Mit Selbstbezeichnungen wie „Land der Gastfreundschaft“ und „Land der Tradition“ wirbt Burkina Faso um Touristinnen und Touristen aus allen Teilen der Welt. Anlässe, den westafrikanischen Staat zu besuchen, gäbe es viele, kann man einer Broschüre, die sogar auf Deutsch zu haben ist, entnehmen: Die Stadt Bobo-Dioulasso wirbt mit ihrer über 100 Jahre alten Moschee. Der Osten bietet kleine Naturparks mit Löwen, Büffeln und Nilpferden. Und Burkinas Hauptstadt versucht sich als Konferenzzentrum Westafrikas zu etablieren. Tatsächlich finden immer mehr internationale Konferenzen neben Dakar (Senegal) auch in Ouagadougou statt. Auf der ganzen Welt bekannt ist Ouagadougou für das afrikanische Filmfestival (FESPACO), das Jazzfest („Jazz á Ouaga“) und die internationale Handwerksmesse (SIAO).
„Natürlich sind wir uns bewusst, dass die umliegenden Staaten über mehr touristische Anziehungspunkte verfügen“, erzählt Idrissa Simporé, Angestellter der staatlichen Tourismusbehörde. „Doch Burkina Faso ist ein relativ sicheres Reiseland, die Menschen sind sehr freundlich und die Hotels sind bei uns günstiger als anderswo“, fügt er hinzu. Der 39-Jährige spricht ein perfektes Englisch, das er während seiner einjährigen Ausbildung (1999/2000) an der Hotelfachschule in Salzburg lernte. Er bekam damals von Österreich ein Stipendium. „Gritschi Kerl hat mir in allem geholfen“, sagt Simporé dankbar.
Gritschi Kerl arbeitet im Koordinationsbüro in Ouagadougou. Die quirlige Frau lebt schon seit 20 Jahren in Burkina Faso, mit ein paar Unterbrechungen für Aufenthalte in Japan und Österreich. Für viele Burkinabés ist sie so etwas wie eine „gute Seele“. Sie kümmert sich unter anderem darum, dass begabte StudentInnen einen Studienplatz in Österreich bekommen und organisiert deren Aufenthalt bis ins letzte Detail. In ihrer Freizeit sitzt sie mit den StudentInnen zusammen und unterrichtet sie im „Austrian way of life“. Gritschi, wie sie von allen genannt wird, muss die StudentInnen auf jede für ÖsterreicherInnen noch so selbstverständliche Kleinigkeit vorbereiten, z. B. wie man U-Bahn fährt oder darauf, dass man in einer Wiener Straßenbahn zuerst einen Knopf drücken muss, wenn man aussteigen will.
Jean Eric Sawadogo bekam ebenfalls ein Stipendium nach Österreich vermittelt. Er absolvierte von 1995 bis 1997 in Mödling am Berufspädagogischen Institut eine Ausbildung in Wartungstechnik. Heute unterrichtet er an einer staatlichen Schule in Ouagadougou als technischer Lehrer. Sein Job ist relativ krisensicher. Und immerhin, er hat einen, was angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in Burkina Faso ein großes Glück ist. Es ist keine Seltenheit, dass eine zehnköpfige Familie vom schmalen Gehalt einer arbeitenden Person leben muss. Die Ausbildung in Mödling erleichterte es Sawadogo, einen Job in Burkina zu finden. Seit kurzem arbeitet er auch als Lehrer an dem von Österreich mitfinanzierten „Centre de Ressource“.
Das Centre de Ressource entstand aus der von Bruno Buchwieser, dem damaligen Präsidenten der Österreichischen Jungarbeiterbewegung, 1969 in Ouagadougou gegründeten Berufsschule. Am „Centre Austro-Burkinabé de Formation Technique et Professionelle“, wie die Schule vor ihrer Umbenennung in „Centre de Ressource“ hieß, wurden viele hundert Maschinenbauer, Elektroniker und Elektrotechniker ausgebildet. Von 400 SchülerInnen sind nur 15 Mädchen.
1995 wurde die Schule ins Eigentum des Staates Burkina Faso übergeben. „Ziel ist es, dass sich die Schule zu 70 Prozent selbst erhält“, sagt Erik Vorhausberger, Leiter des ÖEZA-Koordinationsbüros in Ouagadougou. „EZA-Projekte sollten sich zwar irgendwann mal alleine tragen können. Ein kostendeckender Betrieb ist bei der Schule allerdings illusorisch“, so Vorhausberger weiter.
Seit 1989 fördert Österreich eine vierjährige Ausbildung für Lehrer im technischen Bereich. An die 100 Lehrer wurden für die Fachrichtungen Elektrotechnik, Elektronik, Holzverarbeitung, Wartungstechnik, Kfz-Mechanik, Maschinen- und Stahlbau in Mödling bzw. Ouagadougou ausgebildet. Eine Verlagerung der gesamten Lehrerausbildung nach Burkina Faso ist vorgesehen. Weiters wurden seit Mitte 1999 am Centre de Ressource 129 Fortbildungskurse (für insgesamt 979 TeilnehmerInnen) im technischen Bereich abgehalten. Ein Kurs umfasst je nach Thematik zwischen sechs und 30 Stunden. Österreich ist heute eines der wichtigsten Geberländer für das technische Unterrichtswesen in Burkina Faso.
Neben der beruflichen und technischen Ausbildung ist die ÖEZA auch schwerpunktmäßig im Sektor „ländliche Entwicklung“ (mit den Teilbereichen nachhaltige Landwirtschaft und Ressourcenschutz sowie Förderung des ländlichen Handwerks) vertreten. Mit dem Projekt PAD (Projet Agriculture Durable) werden in der Provinz Kouritenga im Osten des Landes 42 Dörfer gefördert. Die Region ist durch hohe Bevölkerungsdichte und Umweltprobleme wie Erosion und Trockenheit gekennzeichnet. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung unterstützt das Projekt die Bevölkerung bei einer umweltschonenden landwirtschaftlichen Produktion, bei der Vermarktung von Reis, Hirse und anderem Getreide und im Bereich Raumplanung. Das Projekt vermittelt auch Mikrokredite, bemüht sich um eine Alphabetisierung der Menschen und will die landwirtschaftliche Produktivität erhöhen.
Die BewohnerInnen des Dorfes Tougmetenga litten noch vor wenigen Jahren unter großer Armut. Heftige Regenfälle schwemmten das kostbare Saatgut weg. Heute jedoch, so erzählen sie, könne man hier fast alles anbauen, etwa Hirse, Erdnüsse oder Yams. Mit österreichischer Unterstützung wurden so genannte Drahtschottergräben gebaut. Sie bestehen aus Steinen, die mit Draht zusammengebunden werden, und so einen Damm bilden, der das Feld und die zarten Pflanzen vor Wasserfluten schützt.
Das Dorf Naïkin hatte ähnliche Probleme: Erosion und Trockenheit bewirkten Missernten. Nie war genug Essen für alle da. Zahlreiche Krankheiten machten den Menschen zusätzlich zu schaffen. Das Geld für Medikamente und auch Schulbildung fehlte. Auch Strom und fließendes Wasser gibt es am Land nicht. Das Projekt PAD vermittelt auch hier Know-how, um die Anbaumethoden nachhaltig zu verbessern und so die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen und den Lebensstandard zu heben. Es wurden „Getreidebanken“ zur Selbstversorgung eingerichtet: Die DorfbewohnerInnen sammeln z.B. Hirse für den lokalen Bedarf in einem Speicher. „Ziel ist es, so viel Getreide zu sammeln, dass auch eine Dürrezeit übertaucht werden kann“, erzählt PAD-Projektleiter Martin Granzner.
Laut UNDP-Bericht ist Burkina Faso das viertärmste Land der Welt. Für die ÖEZA ist es ein Schwerpunktland. Österreich stellte im Jahr 2000 für die Programm- und Projekthilfe in Burkina Faso 39,75 Millionen Schilling zur Verfügung. Im Durchschnitt bekam ein Schwerpunktland 52,4 Mio. (Jahr 2000). Am wenigsten erhielt Ruanda mit 13,97 Mio. und am meisten bezog Bhutan mit 87,43 Mio. Schilling.
Innenpolitisch kommt Burkina seit der Ermordung des Enthüllungsjournalisten, Norbert Zongo, nicht mehr zur Ruhe. Der Druck auf den Präsidenten Blaise Compaoré, dem nachgesagt wird, er regiere das Land als wäre es sein privates Eigentum, nimmt im Land und international zu. Dem Regime werden Korruption und Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Halidou Ouédraogo, Vorsitzender der „Interafrikanischen Menschenrechtsunion“, fordert die internationale Gebergemeinschaft auf, Sanktionen gegen den Staat zu verhängen. „Die Zahlungen müssen auf Regierungsebene eingestellt und die Zusammenarbeit auf NGO-Ebene weitergeführt werden“, sagt Ouédraogo. Nur so könne man die herrschende Elite, die das Land ihren Eigeninteressen opfere, zu Fall bringen.
Die bilateralen Beziehungen zwischen Burkina Faso und Österreich werden durch die innenpolitische Situation allerdings nicht getrübt. Im Außenministerium ist man überzeugt, dass die Einstellung des Dialogs nur der Bevölkerung schaden würde. Günther Stachel, stellvertretender Leiter der ÖEZA, ist der Meinung, dass auch demokratiepolitische Veränderungsprozesse seitens der Geber besser unterstützt werden können, wenn man EZA-Beziehungen aufrechterhält. „Ich glaube, dass man die Zahlungen nicht unterbrechen und Projekte fortführen soll, denn sonst würde man großen Schaden anrichten“, sagt Stachel. So wird das entwicklungspolitische Engagement in den nächsten Jahren fortgeführt.
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