Der senegalesische Künstler Sidy Mamadou Wane macht gegen das Afrikabild in der Spendenwerbung mobil.
Die Spendenkampagne „AIDS macht Waise“ der österreichischen Caritas hat Einiges in Bewegung gebracht, allerdings auf unerwarteter Seite. Der Satz war Motto der diesjährigen Augustsammlung, die Plakate mit dem Spendenaufruf waren im öffentlichen Raum sehr präsent. Sie zeigen das Porträt einer afrikanischen Familie, das Foto wurde in Ruanda aufgenommen. Die Gruppe ist blass gedruckt und kaum zu erkennen. Nur das Kind in der Mitte des Bildes ist deutlich zu sehen. Das Bild in Verbindung mit dem Text suggeriert, dass es das einzige überlebende Mitglied einer Familie ist, in der alle an AIDS gestorben sind. Ziel der Kampagne war es, so die Leiterin Gabriele Sonnleitner, auf AIDS im Sinne einer schleichenden Katastrophe aufmerksam zu machen. „AIDS betrifft sämtliche unserer Projekte in Afrika, die Krankheit hat dort eine Dimension, die in Europa viel zu wenig wahr genommen wird.“
Für den senegalesischen Künstler Sidy Mamadou Wane, der seit mehreren Jahren in Wien lebt, war die Kampagne der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Wie zahlreiche andere afrikanische MigrantInnen in Österreich leidet er unter Vorurteilen, rassistischen Klischees und dem weit verbreiteten Nicht-Wissen darüber, wie Menschen in Afrika leben. Das Plakat traf ihn auf andere Weise als bisherige Spendenaufrufe von Hilfsorganisationen, die mit den Bildern Not leidender afrikanischer Kinder werben. Neben der Verknüpfung von AIDS mit Afrika, die als Vorurteil auf schwarze MigrantInnen zurückfallen könnte, war es die Art und Weise, wie hier das Porträt einer afrikanischen Familie benutzt wird. Familienporträts haben, so Wane, eine starke repräsentative Funktion, die in afrikanischen Gesellschaften sehr bewusst wahrgenommen werde: „Wenn ich in eine Familie komme, um sie zu porträtieren, werden Vorbereitungen dafür getroffen. Man stellt nicht nur sich, sondern die gesellschaftliche Norm dar.“
Nachdem Wane andere Mitglieder der afrikanischen Community in Wien befragt und ähnliche ablehnende Reaktionen auf die Spendenkampagne zu hören bekommen hatte, wandte er sich mit einem offenen Brief an die Caritas. Nach einem Gespräch mit Gabriele Sonnleitner soll er nun bei der Vorbereitung der nächsten Kampagne an der Bewertung teilnehmen. Für Wane ein erster Erfolg, doch will er es nicht dabei beruhen lassen. Sein Ziel ist, dass afrikanische KünstlerInnen verstärkt in die Planung einbezogen werden, wenn es um Repräsentationen Afrikas in der österreichischen Öffentlichkeit geht.
Sidy Mamadou Wane kuratiert die Ausstellung „Geiseln“ in Wien. Siehe Termine.