Im Mai findet in Perus Hauptstadt Lima der 5. EU–Lateinamerika und Karibik-Gipfel (EU-ALC) und gleichzeitig zum dritten Mal der Alternativengipfel statt.
Die Avenidas von Lima sind hoffnungslos verstopft, die BusfahrerInnen kämpfen sich noch hektischer als sonst durch die vielen Baustellen und Straßensperren. Denn Lima ist dieses Jahr gleich zweimal Treffpunkt von hochrangigen Treffen: im Mai der EU – Lateinamerika und Karibik-Gipfel (EU-ALC) und im November der Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC). Dafür wird jetzt gebaut und renoviert, was das Zeug hält.
Vor zwei Jahren fand das Gipfeltreffen in Wien statt – und ebenso der Alternativengipfel (wir berichteten ausführlich darüber). Vom 13. bis 16. Mai 2008 soll nun zum dritten Mal der Alternativengipfel stattfinden: „Enlazando Alternativas 3“, kurz EA3. Er wird von unterschiedlichsten sozialen Bewegungen, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und politischen Parteien aus Europa, Lateinamerika und der Karibik getragen und begreift sich als ein Gipfeltreffen der Zivilgesellschaften beider Kontinente. Besonders spannend und erfreulich, dass große Teile der seit Jahrzehnten unüberschaubar zersplitterten peruanischen Bewegungen, Gewerkschaften, Indigene und auch Parteien sich zu diesem Ereignis zusammengefunden haben.
Wie schon in Wien, so wird es auch in Lima ein Tribunal geben, das das Machtsystem der europäischen transnationalen Konzerne in Lateinamerika und der Karibik sowie in Europa analysiert und aufzeigt. Rosa Guillén vom Organisationsteam des Alternativengipfels meint, es werde in Lima viel Raum für eine kritische Analyse der Beziehungen zwischen Lateinamerika und der EU, einschließlich der Freihandelsabkommen, geben.
Die breite Öffentlichkeit in Peru ist jedoch kaum über den geplanten Alternativengipfel informiert. Ollanta Humala, ehemaliger Präsidentschaftskandidat und linker Oppositionschef des Partido Nacionalista, einer noch jungen Partei, die offen mit Hugo Chávez‘ Politik sympathisiert, wird von JournalistInnen immer wieder zum Alternativengipfel befragt und ist somit unabsichtlich als Politiker zu einer Art Sprachrohr für diesen Gipfel der Zivilgesellschaft geworden.
Die konservative Presse berichtet mit zum Teil absurden Horrormeldungen vom so genannten „Antigipfel“. Es erscheinen Artikel, wonach beispielsweise drei Bürgermeister und namentlich genannte MitarbeiterInnen der Kubanischen Botschaft an konspirativen Vorbereitungen zu „terroristischen Aktivitäten“ beteiligt seien. Staatspräsident Alan García – neben Kolumbiens Álvaro Uribe Washingtons treuester Verbündeter in Lateinamerika – nahm persönlich zum „Alternativengipfel“ Stellung: „Sollen sie ihren Antigipfel machen, dann werden sie schon sehen, wie sie das Volk bei den nächsten Wahlen bestraft.“
RegierungsvertreterInnen kriminalisieren in öffentlichen Statements immer wieder die Vorbereitungen zum Alternativengipfel. Am 4. März wurden sieben Mitglieder der Coordinadora Continental Bolivariana (CCB), einer mit der Politik von Hugo Chávez sympathisierenden Vereinigung, wegen „Terrorismusverdacht“ bei der Einreise aus Ecuador verhaftet. Sie hatten dort an einem internationalen EA3-Vorbereitungstreffen teilgenommen. Es wurden ihnen Verbindungen zur kolumbianischen FARC-Guerilla nachgesagt.
Die vorbereitenden Organisationen würden sich mehr politischen Druck aus NGO-Kreisen in Europa an das Gastgeberland Peru wünschen. Gewalttätige Übergriffe der Sicherheitskräfte werden befürchtet.