Kolumbien Titelgeschichte Nr.12/03
Zur Reportage zu Barrancabermeja in der letzten SÜDWIND-Ausgabe („Auf einem Auge blind“): Vor wenigen Jahren hätten die Paramilitärs der FARC-Guerilla die kolumbianische Erdölmetropole Barrancabermeja „abgenommen“, schreibt die Autorin Cornelia Mayrbäurl. Doch wenn schon, dann haben die Paras die Stadt der ELN abgenommen. Barrancabermeja war traditionell eine ELN-Hochburg. Die FARC hatte dort nie besonders viel Einfluss.
Die Paras haben ihre Stützpunkte nicht nur außerhalb der Stadt, sondern auch mitten im Stadtgebiet von Barrancabermeja, dafür haben sie zahlreiche Häuser und Gebäude konfisziert.
„So will die EU eine Alternative zum militärisch ausgerichteten Plan Colombia aufzeigen“, heißt es weiter. Das bezweifle ich, schließlich finanziert sie ja den Plan Colombia kräftig mit und alle offiziellen Erklärungen von EU-Staaten unterstützen Präsident Uribe Vélez und den Plan Colombia.
Eine Reportage über Kolumbien sollte nicht lediglich auf Aussagen von Interviewpartnern aufbauen, denn in Kolumbien kann und wird kaum jemand frei reden. Die Wahrheit, die bei kurzer Recherche auch der Autorin begegnet wäre, kann vom Interviewpartner nicht dargelegt werden, wenn er oder sie noch weiter leben will. Die Wahrheit in Barrancabermeja ist, dass jeder Soldat und jeder Polizist mit den Paramilitärs unter einer Decke steckt. Die Paras wurden in Armeetransportflugzeugen nach Barrancabermeja geflogen, als es darum ging, die Stadt einzunehmen. Und heute patroullieren die Paras offen durch die Stadt, ohne dass Polizei oder Militär jemals eingeschritten wären. Die Paras sorgen für Benimmregeln (keine kurzen Röcke, keine bauchfreien T-Shirts, keine Homosexuellen, kein Herumlungern usw.), eröffnen Parkanlagen, die nach ihren Führern benannt sind, und kontrollieren sehr offen das gesamte Geschäft mit geklautem Benzin. Die Polizei und das Militär schauen dabei zu bzw. wirken mit.
Dario Azzellini
Berlin