Boliviens Indigene schätzen Quinoa unabhängig vom weltweiten Boom. Südwind-Redakteurin Christina Bell sprach mit der Quinoabäuerin Gladys Caral López.
Einst hätten die Götter den See im Hochland, von dessen Fischen die Menschen gut leben konnten, austrocknen lassen, erzählt Gladys Caral López, Quinoabäuerin aus Bolivien. Dies war als Strafe für das Fehlverhalten der Menschen gedacht. Als die hungernden Menschen um Vergebung und Hilfe baten, schickte eine Göttin ihre Tochter auf die Erde. Diese brachte den Menschen die Quinoa-Samen – unter der Bedingung, dass sie künftig ihre gesamte Nahrung aus dem Korn zubereiten sollten. Nur die so genannte Königsquinoa könne den extremen Bedingungen der Anden trotzen und sie wachse auch nur hier. „Quinoa ist für uns ein Wunder“, schwärmt Caral Lopez „und das wollen wir mit der Welt teilen.“
Die junge Frau ist Mitglied der Genossenschaft Anapqui. Das plötzlich erwachte weltweite Interesse an Quinoa sei für die ProduzentInnen in Bolivien verwunderlich, sagt Caral López. Zumal das Nahrungsmittel im eigenen Land lange Zeit gering geschätzt wurde: Kaum jemand aus bürgerlichen Familien aß Quinoa, das Arme-Leute-Essen, das Essen für Indigene. Nach der rasanten Zunahme der Nachfrage am Weltmarkt würden nun alle Quinoa für sich reklamieren. Die Klagen der Mittelschicht, sie könne sich das Korn nicht mehr leisten, lässt Caral López nicht gelten: „Quinoa war jahrelang spottbillig und man hat es gering geschätzt. Und nun wirft man uns den hohen Preis vor. In unserer Genossenschaft haben wir jahrelang für genau diesen Preis gekämpft.“
Auch auf Unverständnis bei der Genossenschaft trifft, dass Boliviens Präsident Evo Morales den Export beschränken will, um den nationalen Konsum zu sichern. Überhaupt ist das Verhältnis zu „Evo“ nicht völlig friktionsfrei: „Im internationalen Jahr der Quinoa ist Evo der Botschafter, aber der Verdienst gebührt anderen“, bemerkt die Bäuerin.
Nach den Herausforderungen der Zukunft befragt, sagt Caral López, dass es auch an der Zeit sei, am indigenen Selbstvertrauen zu arbeiten. „Indigene glauben immer noch, sie seien weniger wert.“ Dabei sollten alle stolz sein auf ihre Abstammung und ihre Kultur. Diese Einsicht sei etwas, das sie von ihrem ersten Besuch in Europa mitnehmen wolle.
In Zukunft müsse besonderes Augenmerk auf die Bewahrung der traditionellen Anbaumethoden gelegt werden. „Die Indigenen praktizieren seit Jahrhunderten eine ökologisch nachhaltige Anbaumethode – ohne es so zu nennen. Der Respekt für die Mutter Erde ist ein fundamentales Prinzip in ihrem Tun.“ Von chemischem Dünger und genverändertem Saatgut wissen sie nichts“, erklärt Caral López. Aber die guten Geschäfte, die sich plötzlich mit Quinoa machen lassen, brächten dieses Modell in Gefahr. Manche versuchten, den Ertrag zu steigern, indem sie dem Boden keine Ruhezeit mehr gönnen. Ein Trugschluss, so Caral López. „Ohne Pause für den Boden wächst auch keine Quinoa.“ Die von Anapqui festgehaltenen Regeln für schonenden Anbau sollen nun in Gesetzen verankert und damit im ganzen Land verpflichtend werden.
Gladys Caral López kam auf Einladung von EZA Fairer Handel nach Wien.
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