Klein, aber fein

Von Karin Chladek und Ingeborg Pint · · 2011/10

Senegal ist eines der afrikanischen Länder, das vom Klimawandel am stärksten betroffen ist. Doch die Zivilgesellschaft zweifelt an den Großprojekten der ­Regierung, die die Probleme lösen sollen. Sie setzt auf lokales Engagement in scheinbar unspektakulären, kleinen Projekten.

Für Senegal, ein Land, das mit fortschreitender Wüstenbildung kämpft, sind Bäume lebenswichtig. Sie stabilisieren die Erde und mindern die Erosion, die viele Ursachen hat. Der Klimawandel ist nur eine davon. Schon die französischen Kolonialherren schlägerten viele Wälder zugunsten von immer mehr Erdnussanbau – einer Monokultur, die in Senegal bis heute dominiert, die Böden auslaugt und phasenweise wasserintensiv ist. Vor allem die immer noch fortschreitende Entwaldung ist ein großes Problem, das mit dem Klimawandel nun in unglücklicher Allianz für noch mehr Dürre in einem ohnehin kargen Land sorgt.

Das Klima ändert sich, da sind sich viele SenegalesInnen sicher: Früher war es im Mai heiß, diesmal war es eher kühl. Niemand kann mehr sagen, ob es zu einer bestimmten Zeit ausreichend regnet. Landwirtschaft wird immer schwerer planbar.

Die Zerstörung der Wälder, sei es durch Monokulturen, durch Feuerholzsammeln oder durch Zersiedelung und Erosion, welche vor allem den küstennahen Mangroven schwer zu schaffen macht, schreitet seit Jahrzehnten fort, eine Umkehr ist nicht leicht. Engagierte SenegalesInnen wie der Vorsitzende einer Dorfgemeinschaft Ibrahima Diop (siehe Interview) sehen die Regierenden und Behörden Senegals gefordert, bestehende Gesetze zum Umweltschutz einzuhalten und durchzusetzen; auch die Industriestaaten sollten laut Diop durch Technologietransfer die Verbreitung sauberer Energieformen unterstützen. Dies ist auch eine der Grundideen des Clean Development Mechanism (CDM), einer Vereinbarung innerhalb des Kyotoprotokolls zur Verringerung des weltweiten Treibhausgasausstoßes (siehe SWM 5/09). Der senegalesische Politiker Cheikh Sylla war bis 2007 Mitglied des CDM-Exekutivrats und trieb die Entwicklung der Strategie mit voran. Doch seine Landsleute sind skeptisch, ob die mit CDM im Zusammenhang stehenden Großprojekte die aktuellen Probleme tatsächlich lösen können. Zurzeit wird ein CDM-Projekt in Senegal umgesetzt: eine Biomasseanlage nördlich der Hauptstadt Dakar.

Schon anderen Großprojekten, die die Klimaprobleme in den Griff zu bekommen versuchen, mangelt es an Vertrauen in der Bevölkerung. Internationale Schlagzeilen gemacht hat das Projekt der „Großen Grünen Mauer“, initiiert von der Afrikanischen Union und koordiniert von der senegalesischen Regierung. Ein Gürtel von aufgeforstetem Wald soll sich bis zum Jahr 2014 von Dakar aus durch Senegal und dann weiter durch insgesamt elf Länder Westafrikas ziehen, über eine Gesamtlänge von knapp 8.000 km. Erosion und Wüstenbildung sollen so deutlich gemildert werden.

Das Projekt weist Ähnlichkeit zum „Green Belt Movement“ auf, das die kenianische Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai gegründet hat. Im Unterscheid zu diesem wird die „Große Grüne Mauer“ allerdings nicht von dezentral organisierten Gruppen der Zivilgesellschaft – vor allem von Fraueninitiativen – getragen, sondern von der Regierung. Dies scheint nur bedingt zu funktionieren. Mangelnde Finanzierung ist und bleibt ein Problem, ebenso wie mangelnde Akzeptanz der Bevölkerung für das Top-Down-Projekt.

Anders sieht es bei einem Projekt der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit aus: Gemeinsam mit der Firma Inensus arbeitet sie daran, die Landbevölkerung in Senegal mit Strom aus erneuerbaren Energien zu versorgen. Seit 2010 beziehen die rund 900 EinwohnerInnen des Örtchens Sine Moussa Abdou, hundert Kilometer nordöstlich von Dakar, ihren Strom aus einem eigenen Netz. Sie nutzen Windkraft, Sonnenenergie und Dieseltreibstoff. Dabei liefern die erneuerbaren Energien laut Projektleiter Jörg Baur etwa 70 Prozent der Gesamtenergie. Die BewohnerInnen beziehen ihre Energie per Chipkarte, die sie aufladen können. Zwei weitere Stromanlagen in anderen Dörfern sind geplant.

Aufforstung und nachhaltige Nutzung von erosionsgefährdetem Land geschieht dennoch vielerorts im Senegal. Es gibt eine Vielzahl von regionalen Initiativen und Nichtregierungsorganisationen, die erkannt haben, dass durch scheinbar kleine und unspektakuläre Projekte wie Aufforstung oder das Anlegen von gemeinschaftlichen Obst- und Gemüsegärten die Dinge zum Besseren gewendet werden können. Die Naturfreunde Senegal (ASAN) setzen stark auf Umweltbildung, nicht nur, aber vor allem bei Kindern und Jugendlichen: ASAN veranstaltete während der Ferienmonate Juli und August Aktivitäten im Bereich Umwelterziehung. 2010 hat die niederländische Entwicklungszusammenarbeit ein ASAN-„Jugendforum“ mit rund 18.000 Euro unterstützt. Das soll nun alle zwei Jahre stattfinden. Während des Jahres soll Umweltbildung verstärkt auch an Schulen angeboten werden.

Zu den wichtigsten Devisenquellen Senegals gehört der Tourismus. Vor allem aus Frankreich, Belgien und Großbritannien kommen die Feriengäste, die sich bevorzugt in Hotelressorts in internationalem Besitz an den Küsten entspannen. Viele Mangrovenwälder mussten im Lauf der Jahre dem Bau der Hotelanlagen weichen. Speziell in der Umgebung von Dakar wurden die Küsten rücksichtslos verbaut, oft auf öffentlichem Land, obwohl dieses offiziell unveräußerlich ist. Vom Land und seinen BewohnerInnen sehen die Sonnenhungrigen meist wenig – Senegal bleibt neben den Devisen auch der Müll aus den vielen Hotels, dessen Entsorgung das arme Land zunehmend vor Probleme stellt. Der Lehrer Mamadou Mbodji, stellvertretender Vorsitzender von ASAN, meint dazu: „Der nachhaltige Toursimus entwickelt sich leider nur langsam.“

Es gibt noch viele andere kleine, „unspektakuläre“ Projekte, die langsam, aber stetig an einer nachhaltigen Entwicklung arbeiten. Zum Beispiel die Frauen von Kamb, die in der Nähe von Dakar durch extensiven Gemüseanbau Land vor Erosion schützen und gleichzeitig die lokale Versorgung entscheidend verbessern, oder auf der Insel Dionewar im Saloumdelta, wo eine Fraueninitiative Mangroven wieder aufforstet, oder im Süden Senegals, in der Casamance, wo sich gleich mehrere Natur- und Umweltschutzgruppen für die Schaffung von Schutzgebieten einsetzen.

Ingeborg Pint ist langjährige Mitarbeiterin der Naturfreunde Internationale (NFI) und Reiseleiterin. Spezialgebiete der ausgebildeten Dolmetscherin sind v.a. Senegal und Togo.
Karin Chladek ist ebenfalls Mitarbeiterin der NFI, mit Schwerpunkt Nachhaltiger Tourismusentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit.

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