Man ist nicht behindert, man wird behindert. Das ist der Kern aller Definitionen von Behinderung. Darin sind sich die Organisationen von Behinderten einig: Es geht dabei in erster Linie nicht um eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung, sondern um die Reaktion der Gesellschaft, es geht um Vorurteile, um vorenthaltene Lebenschancen und um Selbstbestimmung. In den folgenden Thema-Seiten, die wir von unserer Partnerzeitschrift New Internationalist übernommen haben, sprechen Behinderte selbst.
In armen Ländern ist dieser Kampf um Selbstbestimmung Behinderter noch viel härter als bei uns. Ihr So-Sein wird selten als Teil der menschlichen Vielfalt gesehen. Menschen werden zusätzlich durch Tabus, durch Vorstellungen von Schuld oder Karma behindert.
Der Großteil behinderter Menschen in armen Ländern lebt unter der Armutsgrenze. Dort hat der Kampf um ihre Rechte keine lange Tradition. Im wesentlichen geht es dabei darum, in der Gesellschaft zu verankern, dass Rechte für Behinderte keine „Sonderrechte“ sind, sondern schlicht und einfach Menschenrechte.
Der Spagat ist schwierig zwischen Autonomie, der Förderung eines unabhängigen und eigenständigen Lebens und dem Recht, auch von anderen abhängig sein zu dürfen.
Behinderung ist auf jeden Fall ein Thema in der Entwicklungszusammenarbeit. In New York wird gerade von der UNO die Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderung verhandelt. Und in Österreich betreiben das Ökosoziale Forum Europa, Licht für die Welt und die entwicklungspolitische Sprecherin der SPÖ, Petra Bayr, Lobbyarbeit dafür, dass die Konvention auch eine Bestimmung für Entwicklungszusammenarbeit enthält. Schließlich würden nur drei bis vier Prozent der behinderten Menschen von Entwicklungsprogrammen erreicht. Auch Armut behindert. Selbst wenn verlässliche Zahlen fehlen: In Entwicklungsländern ist der Anteil behinderter Menschen armutsbedingt wesentlich höher als in reichen Ländern.