Die Weltgemeinschaft kann sich im Falle Burmas auf keine einheitliche Strategie gegen das Militärregime verständigen, sie konnte den Gewaltausbruch gegen die Bevölkerung nicht verhindern. Noch schlimmer als dieses Versagen wäre es, geriete Burma jetzt mit dem Nachlassen des Medieninteresses wieder in Vergessenheit, meint Ulrike Bey.
Zum ersten Mal hat der Weltsicherheitsrat eine Stellungnahme zur Situation in Burma abgegeben, die von allen 15 Mitgliedern getragen wurde. In der Erklärung des Präsidenten bedauert der Sicherheitsrat die Gewalt gegen die friedlichen Demonstranten in Burma und ruft zu einer friedlichen Lösung der Situation und der möglichst raschen Freilassung aller politischen Gefangenen und kürzlich Inhaftierten auf.
Die Tatsache, dass der Erklärung alle Mitglieder des Sicherheitsrates zugestimmt haben, ist ein Durchbruch, sendet sie doch ein lang erwartetes Signal einer einheitlichen internationalen Stellungnahme an das Militärregime in Burma. Dennoch ist dieser Minimalkonsens zahnlos und enttäuschend: die Erklärung ist nicht bindend, die Gewalt des Regimes gegen die friedlich demonstrierenden Mönche und Zivilisten wird nicht wirklich verurteilt, und sanktionierende Maßnahmen, wie beispielsweise ein Waffenembargo, drohen nicht.
Den Ausbruch von Gewalt Ende September konnte die internationale Staatengemeinschaft aufgrund der Uneinigkeit in ihrer Politik gegenüber Burma nicht verhindern. Das Militärregime antwortete mit dem üblichen Mittel der Gewalt. Den Schüssen auf Mönche und Zivilisten folgte eine Verhaftungswelle. Nach offiziellen Angaben sind zzehn Tote zu beklagen, oppositionelle Schätzungen sprechen von mindestens 100 Opfern, über 3.000 Inhaftierten und einigen Hundert Vermissten. Gefangene, die inzwischen wieder freigelassen wurden, berichten von Folter und Misshandlungen in den Gefängnissen.
Das Gesprächsangebot des obersten Generals Than Shwe an die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi und die Entlassung einiger der jüngst Inhaftierten deuten eher auf eine Besänftigungsstrategie kurz vor Verabschiedung einer UN-Resolution hin. Die Militärführung hat kein Interesse, die Zügel aus der Hand zu geben und mit der Opposition, den ethnischen Minderheiten oder irgendjemandem zu verhandeln. Unbeirrt setzt sie ihren selbst verkündeten und gelenkten „Siebenstufenplan zur Demokratisierung“ fort, nicht willens sich von innen oder außen beeinflussen zu lassen. Und das, obwohl sie weder im eigenen Land noch vor der Welt die Übergriffe gegen die Mönche legitimieren kann.
Die Unfähigkeit, durch Druck von außen eine Eskalation der Gewalt zu verhindern, spiegelt einmal mehr die Schwierigkeiten der Welt im Umgang mit der Junta in den letzten 20 Jahren wider.
China hält die schützende Hand über das Regime und blockierte mehrmals Resolutionsentwürfe des UN-Sicherheitsrates. Indien unterzeichnete, während die Proteste andauerten, ein 100-Millionen-US-Dollar Investitionsabkommen zum Ausbau eines Seehafens in Burma. Allerdings verurteilte die sonst zurückhaltende südostasiatische Staatengemeinschaft ASEAN ungewöhnlich scharf das Vorgehen des Militärs: Bisher hatte sie das Regime gegenüber dem Westen immer verteidigt und wirtschaftlich unterstützt.
Die USA haben ihre Sanktionen gegenüber Burma verschärft. Auch die Europäische Union hat in ihrem Gemeinsamen Standpunkt die politischen und wirtschaftlichen Sanktionen erweitert, u.a. um ein Importverbot für Edelsteine und Tropenholz. Dieses Embargo ist begrüßenswert, beschränkt es doch wichtige Einkommensquellen für das Regime in Bereichen, die besonders mit Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung einhergehen. Doch werden sie ihr Ziel, die Generäle an den Verhandlungstisch mit den politischen Kräften – Opposition und ethnischen Minderheiten – zu zwingen, ebensowenig erreichen wie die bisher praktizierten Sanktionen. Und Unternehmen, die im lukrativen Öl- und Gassektor tätig sind, darunter aus den USA, Frankreich oder Australien haben auch jetzt nicht vor, ihre Aktivitäten im Land einzustellen.
Das schlimmste Szenario wäre es aber, dass mit schwindender medialer Aufmerksamkeit auch das Interesse an Burma sinkt oder das Land als „hoffnungsloser Fall“ erneut in Vergessenheit gerät. Die zahme Erklärung des Weltsicherheitsrates oder auch ein Wandel in der Position der ASEAN übermitteln als ersten Schritt die Botschaft, dass das Vorgehen des Militärs nicht toleriert wird. Dieser Druck darf nicht nachlassen, die Vermittlungsversuche des UN-Sondergesandten Gambari müssen weitergehen.
Als unmittelbare Maßnahmen müssen der UN-Menschenrechtsbeauftragte für Burma umgehend zur Untersuchung der Vorfälle ins Land gelassen werden und das Internationale Komitee des Roten Kreuz seine Arbeit und Besuche bei politischen Gefangenen wieder aufnehmen können.
Die EU muss dafür sorgen, dass das von ihr verhängte Waffenembargo eingehalten wird, denn laut einem Bericht von amnesty international u.a. enthält der von Indien zum Verkauf an Burma angebotene Hubschrauber ALH Bauteile aus europäischen Ländern (aus Deutschland Eurocopter, SITEC Aerospace) – ein eindeutiger Verstoß gegen das bestehende Waffenembargo. Ebenso muss sie ihr Engagement im Bereich der humanitären Hilfe verstärken.
Weltweit zeigen sich Millionen Menschen solidarisch mit den Protesten in Burma und senden mit ihren Demonstrationen, Mahnwachen und Petitionen Zeichen der Ermutigung an die Protestierenden. Nun sind die Regierungen gefordert eine gemeinsame Strategie zu entwerfen, sonst wird es für noch mehr Menschen zu spät sein.
Ulrike Bey ist Mitarbeiterin des Asienhauses in der Burma-Initiative www.asienhaus.de/burma, ulrike.bey@asienhaus.de