Zwei Buchempfehlungen für die Auseinandersetzung mit dem Thema Österreich und Kolonialismus.
Kolonien? Nicht doch, da waren „wir“ nicht dabei. Simon Loidl, Autor und Journalist (immer wieder auch für das Südwind-Magazin tätig), betont in „Europa ist zu eng geworden“ (Promedia Verlag, Wien 2017): Jahrzehntelang behandelte die Geschichtswissenschaft die Habsburgermonarchie als „koloniefreier“ Großmacht. Erst in den 1990er Jahren sei Interesse aufgekommen, sich mit dem Thema Kolonialismus in Rot-Weiß-Rot (bzw. Gelb-Schwarz der Monarchie) auseinanderzusetzen.
Loidls Buch beschäftigt sich mit der Debatte um Kolonien im Habsburger-Österreich. Und liefert dabei viele Details, die zeigen, wie sehr koloniales Denken in der Gesellschaft auch in unseren Breitengraden Thema war: Von den Tätigkeiten der „Österreichisch-Ungarischen Kolonialgesellschaft“ oder dem mächtigen „Flottenverein“ bis hin zu Propaganda in der Kolonial-Zeitung und Lobbyarbeit für Kolonialismus.
Wer sich Loidls Buch zu Gemüte führt, kann nicht mehr an die Mär der „koloniefreien“ Großmacht glauben.
Simon Loidl: Europa ist zu enge geworden, Promedia, Wien 2017, 232 Seiten, € 25
Der Blick der Kolonialisten. Um einzutauchen in die Vorstellungswelt der einstigen k. u. k. Kolonialisten sei zusätzlich noch ein bereits 2005 erschienener Roman empfohlen: „Kilimandscharo zweimeteracht“ von Max Blaeulich (Residenz Verlag, Salzburg), der Teil einer Trilogie ist. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs macht sich eine Expedition von Österreich-Ungarn aus nach Uganda auf: Es geht um Rassenforschung, um „Souvenirs“ aus dem afrikanischen Kontinent.
Max Blaeulich erarbeitete auf der Grundlage historischen Materials ein Buch, das die rassistische Ideologie Mitteleuropas knapp vor der Katastrophe der beiden Weltkriege veranschaulicht – und trotzdem ist „Kilimandscharo zweimeteracht“ ein Roman, der unterhält und fesselt. Auch weil das Buch unter Wert gehandelt wurde und kaum noch erhältlich ist, soll es hier beworben werden. Derartige Literatur darf – gerade in politischen Zeiten wie diesen – nicht in Vergessenheit geraten. sol