Jung und reich: Ecuadors neuer Präsident

Von Frank Braßel · ·
Ecuadors neuer Präsident Daniel Noboa mit der Fahne von Ecuador

Daniel Noboa wurde zum jüngsten Präsidenten Ecuadors ernannt, nachdem er Mitte Oktober die vorgezogene Wahl gewonnen hatte.

Mit 52 zu 48 Prozent der Stimmen hat der 35-jährige Daniel Noboa in einer Stichwahl die linke Kandidatin Luisa González besiegt und das höchste Amt im südamerikanischen Andenstaat erreicht. Ob der 35-jährige Noboa frischen Wind in die ecuadorianische Politik bringen wird, ist allerdings keineswegs sicher. Er entstammt der reichsten Familie des Landes und ist Erbe eines Bananen-Imperiums, in dessen Management er von 2010 bis 2018 gearbeitet hat, sowie von über 100 weiteren Unternehmungen.

Sein Vater Álvaro Noboa hat zwischen 1998 und 2013 fünf Mal vergeblich versucht, Präsident zu werden. Der Milliardär ist bekannt für plumpe Auftritte sowie die Missachtung von Arbeitsrechten und Steuerdisziplin. Sein Sohn vermied jeden Auftritt mit ihm.

Im Wahlkampf ließ er sich dafür gern von seiner Mutter, einer erfahrenen konservativen Politikerin, und seiner Frau, einer erfolgreichen Influencerin, begleiten. Von ihr hat er gelernt, wie er sich im Fitnessstudio oder in Badehose am Strand in den sozialen Medien in Szene setzt und dazu seine Playlists auf Spotify veröffentlicht. Dies scheint gerade jüngere Wähler:innen angesprochen zu haben; etwa ein Drittel der 13,5 Millionen Wahlberechtigten waren unter 30.

Kabinett aus dem Umfeld
Relativ jung und weiblich wird auch das neue Kabinett sein. Politische Erfahrung haben die meisten Mitglieder nicht, dafür aber vielfach Verbindungen zu ökonomischen und politischen Aktivitäten des Noboa-Clans. Ihre fehlende Regierungserfahrung beunruhigt viele Beobachter:innen, denn Ecuador steckt in der größten politischen Krise seiner Geschichte. Wachsende Armut und Ungleichheit, ein massiver Staatsabbau sowie der dramatische Anstieg der Gewalt, verursacht durch international vernetzte Drogenkartelle, haben das Land an den Rand der Regierungsfähigkeit gebracht.

Der auf der Universität Harvard ausgebildete Noboa hat im Wahlkampf wenig Konkretes versprochen. Mit seinem Vorschlag von Steuererleichterungen für Unternehmen und ausländische Investitionen zur Ankurbelung der Wirtschaft bewegten sich auch seine übrigen Ankündigungen im traditionellen Rahmen. Relevante soziale Reformen für ärmere Bevölkerungsgruppen oder ein Wandel anderer struktureller Aspekte sind ebenso wenig zu erwarten wie von seinem Vorgänger. Der neoliberale Bankier Guillermo Lasso kam aus der gleichen kleinen Elite der Hafenstadt Guayaquil wie die Noboas. Er war aufgrund von Ineffizienz, Korruptionsvorwürfen und der vermuteten Nähe zur Drogenmafia zu vorgezogenen Neuwahlen gezwungen worden.

Noboa dürfte ein dynamischeres Politik-Marketing als der altbackene Lasso zeigen. Sollte seine Regierung zudem nur etwas effizienter agieren als die vorherige und erste Erfolge gegen Gewalt und Drogenkriminalität aufweisen können, hätte sie realistische Chancen, bei der wegen der vorgezogenen Wahl schon in 18 Monaten anstehenden routinemäßigen Wahlen als Favorit anzutreten.

Frank Braßel ist Historiker und Journalist. Er arbeitete zudem für die Menschenrechtsorganisation FIAN, das unabhängige Agrarforschungszentrum SIPAE in Quito und die Entwicklungsorganisation Oxfam.

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