Roman. Aus dem Spanischen von Susanne Mende. Unionsverlag, Zürich 2005, 282 Seiten, 1 19,90
Reina und Marlon sind jung und leben in Medellín. Doch Reina kann sich nicht vorstellen, den Rest ihres Lebens in dieser zukunftslosen Stadt zu verbringen. New York ist für sie das gelobte Land, und dort will sie unbedingt hin. Lieber bringe sie sich um, als hier in Kolumbien zu bleiben, so droht sie des Öfteren, um Marlon zum Mitkommen zu bewegen. Marlon folgt ihr, weil er ihr längst hörig ist. Mit Hilfe der dubiosen Reisegesellschaft „Paraíso Travel“ und einem Umschlag voll Dollarnoten, die Reina aus dem Nachtschrank eines Verwandten von Marlon entwendet, gelingt ihnen die abenteuerliche Reise nach New York. Aber schon kurz nach ihrer Ankunft verlieren sich die beiden.
Marlon steht unten auf der Straße, raucht eine Zigarette und wirft den Stummel fort. Als plötzlich Polizei auftaucht, rennt er in einer panischen Reaktion weg und verirrt sich hoffnungslos im Labyrinth der Straßen von New York. Völlig verdreckt und vergammelt wird Marlon schließlich von der Frau eines kolumbianischen Restaurantbesitzers aufgelesen. Sie gibt ihm frische Kleider, eine Anstellung als Toilettenputzer und sogar ein Zimmer. Langsam nimmt er wieder am Leben teil. Er lernt das New York der illegalen Einwanderer, der Gewalt und des nackten Überlebens kennen, findet aber auch Freunde und macht sogar die Bekanntschaft einer anderen Frau. Trotzdem ist er noch immer besessen und getrieben von der Idee, eines Tages seine Reina („Königin“)zu finden.
Jorge Franco erzählt die trübe Geschichte lebendig und frisch, in dichten Rückblenden. Wie schon in seinem Roman „Die Scherenfrau“ beschreibt er auch in diesem Buch die leidenschaftliche Liebe zu einer Frau, die den Protagonisten blind macht und ihn bis zum Letztmöglichen treibt.
Jorge Franco hat sich eingehend mit dem Thema Emigration befasst und in der ImmigrantInnenwelt New Yorks recherchiert. So kommt der Roman in überaus exakten Beschreibungen der Realität daher.