Roman, aus dem Portugiesischen übersetzt von Wolfgang Kayser. Manesse Verlag, Zürich 2004. 382 Seiten, EUR 20,50
Das passiert selten bei einem Buch: dass man schon bei der ersten Seite neugierig wird, nach fünf Seiten hingerissen lacht – und die dadurch geweckte Erwartungshaltung die restlichen 350 Seiten anhält.
Der immer wieder angeführte Vergleich mit Lawrence Sterne und seinem Meisterwerk „Tristram Shandy“ stimmt. Die „nachträglichen Memoiren“ (Memórias póstumas de Brás Cubas), 1880 erstmals in Rio de Janeiro erschienen, sind ein Roman voller Witz und Ironie, voller spielerischer Abschweifungen und launiger Reflexionen über das Leben an sich, über die unheilbare Selbsttäuschung des Menschen, über die brasilianische Gesellschaft jener Zeit und schließlich auch über den Autor selbst.
Die Hauptfigur und der Ich-Erzähler dieses Romans beginnt die Autobiographie nicht im Ruhestand oder im hohen Alter, als Rückblick auf ein schaffensreiches Leben, sondern im Jenseits. Der 1839 in Rio de Janeiro geborene Machado de Assis simuliert, als Bras Cubas aus dem Grab heraus seine Lebensgeschichte aufzuschreiben, deshalb auch der Titel des Buches. Dieser Kunstgriff verleiht der ironischen Distanziertheit und der humorvollen Abgeklärtheit, mit der Bras Cubas sein Leben beschreibt, eine größere Überzeugungskraft. Sie wirkt sogar so plausibel, dass man beim Lesen immer wieder selbst daran glaubt, diese Autobiographie sei tatsächlich erst nach dem Tod, im Jenseits, verfasst worden.
In einem 20-seitigen Nachwort bezeichnet die US-amerikanische Autorin Susan Sontag „Die nachträglichen Memoiren“ als ihr Lieblingswerk und ordnet sie als eines der unterhaltsamsten Bücher der Weltliteratur ein. Sie hat völlig Recht.