Innovativ: Schwarze Kinderbuchbibliothek

Von Lotte Blumenberg · ·
Maimuna Sallah und Sheeko Ismail bei der Eröffnung der Schwarzen Kinderbuchbibliothek vor einem Buchregal
Maimuna Sallah und Sheeko Ismail bei der Eröffnung der Schwarzen Kinderbibliothek © Die Schwarze Kinderbibliothek

Sie ist im deutschsprachigen Raum einzigartig: die Schwarze Kinderbibliothek im norddeutschen Bremen. Schwarze Charaktere und ihre Erfahrungen sind zentral in den Büchern, die hier ausgeliehen werden können. Ein Ort, der Kindern und Erwachsenen gleichermaßen neue Perspektiven eröffnet.

Wer vor dem Schaufenster der Schwarzen Kinderbibliothek in Bremen steht, könnte sie für eine Kinderbuchhandlung halten. Tatsächlich komme es vor, dass Menschen hereinkommen und Geschenke für Kinder suchen, erzählt Maimuna Sallah, Co-Leitung der Schwarzen Kinderbibliothek. Doch zu kaufen gibt es hier nichts. Stattdessen kann jedes Buch kostenlos ausgeliehen werden.

Von den Buchcovern blicken Schwarze Kinder und Jugendliche. Die Bücher bieten zum einen Vorbilder und Identifikationsmöglichkeiten, zum anderen eröffnen sie Perspektiven auf unterschiedliche Lebensrealitäten und Erfahrungen.

Ort für Empowerment
Beim Eintreten ist der Fokus auf Kinder nicht zu übersehen, es gibt eine Spielecke mit einem Zelt, einem Kaufmannsladen und einem Spielteppich. Auch ein kindgerechter Tisch und kleine Stühle sind vorhanden. Überall wo Platz ist, stehen Regale mit Kinderbüchern. Die Wände sind geschmückt mit Portraits Schwarzer Persönlichkeiten wie der US-amerikanischen Schriftstellerin Audre Lorde.

Auf einer 40 Quadratmeter großen Ladenfläche im Zentrum Bremens eröffneten Maimuna Sallah (32) und Sheeko Ismail (25) die Schwarze Kinderbibliothek im Januar 2023. Entstanden ist die Idee der Schwarzen Kinderbibliothek auf einer Bildungsreise in Frankreich, wo      Ismail      eine Schwarze Bibliothek mit einer Kinderabteilung besuchte.      Finanziert wird die Bibliothek durch Projektfördermittel der Stadt Bremen.

Ausleihe gratis
Sallah begrüßt jede Person, die die Bibliothek betritt, herzlich und scheint viele Besucher:innen zu kennen. So auch eine Frau, Mitte 30, im blauen Sommerkleid, die zwei Kinderbücher zurückgibt. Sie entschuldigt sich für die verspätete Rückgabe. Sallah nimmt es gelassen. Die Bibliothek funktioniert auf Vertrauensbasis und soll niederschwellig sein. Sowohl die Ausleihe der Bücher als auch der Besuch von Veranstaltungen, wie Lesungen, sind gratis. Wer ein Buch ausleihen möchte, füllt nur ein Formular aus.

Wenn Sallah über die Bibliothek spricht, ist spürbar, wie sehr ihr das Projekt am Herzen liegt. „Nicht weiß positionierte Kinder sind in der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur noch immer unterrepräsentiert. Es gibt mehr sprechende Tiere, als es BIPoC*-Charaktere, *Schwarze, Indigene und People of Color, gibt”, sagt sie. Kinder könnten sich auch mit einem Bären oder Hasen identifizieren, wenn diese Figuren an die kindliche Erfahrungswelt anknüpfen. Aber sich nie in Kinderbüchern repräsentiert zu sehen – das sei verheerend. „Uns ist es wichtig, Literatur zu sammeln, die einerseits Kinder in ihrer Positionierung abbildet, ohne das spezifischer zu thematisieren: Schwarze Kinder, die Fahrradfahren lernen oder in den Urlaub fahren etwa. Aber wir haben auch Bücher, wo es explizit um die Schwarze Positionierung geht, in Verknüpfung mit anderen Themen wie zum Beispiel Afrohaar oder Bücher über ein kindliches Erleben von Fluchterfahrungen.”

Auch für Erwachsene
Eine junge Frau in Jeans und weißem T-Shirt betritt die Bibliothek und geht zu dem Regal mit Büchern für Erwachsene, denn auch davon gibt es eine kleine Auswahl in der Kinderbibliothek. Sie leiht eine Kurzgeschichtensammlung sowie das Buch „The Sex Lives of African Women” von Nana Darkoa Sekyiamah aus. Kinder habe sie keine, erzählt die 27-jährige Melissa, aber sie finde es toll, kostenlos antirassistische Bücher ausleihen zu können.

Auch wenn an diesem sonnigen Samstag nur Erwachsene und keine Kinder in der Bibliothek vorbeischauen, scheint sie gut angenommen zu werden. Viele Besucher:innen kämen immer wieder und man kenne sich inzwischen, erzählt Sallah. Besonders schön sei es, wenn Kinder explizit zu einem Buch laufen und sagen „Hey, guck mal, Mama, das Kind sieht aus wie ich.”

Lotte Blumenberg schreibt als freie Journalistin u.a. über Ungleichheit, Rassismus und Feminismus. Sie hat Politikwissenschaft und Internationale Entwicklung studiert und lebt in Wien.

Schwarze Kinderbibliothek, Mathildenstraße 89, 28203 Bremen
schwarze-kinderbibliothek.de

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