Eine periphere Handelsgemeinschaft in der neoliberalen Globabilisierung
Nomos Verlag, Baden-Baden 2005, 279 Seiten, € 59,00
Der in Buenos Aires lebende deutsche Politikwissenschaftler Ingo Malcher hat mit diesem Buch einen detaillierten Überblick über den Mercosur und sein Verhältnis zu dem von den USA vorangetriebenen Projekt einer gesamtamerikanischen Freihandelszone (ALCA) und zu einem möglichen Freihandelsabkommen mit der EU vorgelegt.
Der Autor sieht den Integrationsprozess im Cono Sur durch dessen periphere Stellung in der internationalen Ökonomie konditioniert. Auf dessen Ausrichtung nehmen sowohl externe als auch interne Akteure Einfluss. Die Anbahnung einer engeren Zusammenarbeit in den 1980er Jahren stand noch unter dem Primat einer Stärkung des industriellen Sektors. In den 1990er Jahren schwand hingegen der produktive Fokus. Hingegen erhielt das Integrationsprojekt eine zunehmend neoliberale Ausrichtung, die aber mit den Finanzkrisen in Argentinien, Uruguay und Brasilien Ende der 1990er Jahre in die Krise geriet.
Das US-amerikanische ALCA-Projekt interpretiert Malcher nicht zuletzt als eine Reaktion auf die Formierung des Mercosur. ALCA beinhaltet mehr als bloß freien Warenhandel. Das Projekt zielt auf eine Öffnung Lateinamerikas für US-Konzerne und die Zementierung (neo-)liberaler Normen in weiten Bereichen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens (z.B. bei Investitionen und Dienstleistungen). Würde ALCA durchgesetzt, bedeutete dies letztlich das Ende des Mercosur. Momentan liegt das Projekt jedoch faktisch auf Eis.
Das von der EU lancierte Projekt eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und dem Mercosur soll aus Sicht der Europäischen Kommission ähnliche Klauseln wie das konkurrierende ALCA-Projekt beinhalten. Während beide Abkommen die Handlungsspielräume der südamerikanischen Staaten stark beschneiden würden, würde ein Abkommen mit der EU – im Gegensatz zum ALCA-Projekt – zumindest die Existenz des Mercosur nicht infrage stellen. Die detaillierte Schilderung und Interpretation der Verhandlungen mit den USA und der EU ist wohl die stärkste Seite des Buches. Eine vergleichbare Aufarbeitung dieser sich wechelseitig beeinflussenden Verhandlungen gab es im deutschen Sprachraum bisher nicht.