Aus dem Englischen übersetzt von Cécile Lecaux. Unionsverlag, Zürich 2006 (Neuauflage als Taschenbuch), 288 Seiten, euro 9,90
Märchen sind schöne Geschichten, die manchmal gut ausgehen, manchmal aber auch schlecht. Das gilt sowohl für die „echten“ Märchen als auch für jene, die sich in der harten Wirklichkeit abspielen. Zu letzterer Kategorie, zu den Märchen der Realität und zu jenen, die schlecht enden, zählt die vorliegende Geschichte aus Burma.
Die 20-jährige Kärntnerin Inge Sargent studiert in Colorado, USA, und lernt dort 1952 einen wohlerzogenen charmanten Burmesen kennen, Sao Kya Seng, der an derselben Universität Bergbau studiert. Sie verlieben sich, beschließen zu heiraten. Und da in Burma der Mann bei den Eltern der Braut um ihre Hand anhalten muss, reisen die beiden ins ferne Kärnten.
1953 kommen sie mit dem Schiff in Burma an, und nun beginnt das eigentliche Märchen. Bei der Ankunft, wo sie von jubelnden Menschen empfangen werden, gibt sich der bescheidene Student als Prinz und Staatsoberhaupt von Hsipaw zu erkennen, einem der nördlichen Shan-Staaten in Burma. Er hatte seine Herkunft verschwiegen, um sicher zu gehen, dass seine Braut ihn als Menschen liebe und nicht wegen seiner Abstammung.
Der junge Bergbauingenieur steckt voller Pläne für eine Modernisierung und Demokratisierung seines Landes. Das Kärntner „Dirndl“ und der burmesische Prinz leben glücklich miteinander, bald kommt eine Tochter, dann die zweite. Die Mahadevi, so der offizielle Titel der Landesmutter, lernt schnell die einheimische Sprache und integriert sich gut in ihre neue Heimat. Ein scheinbar vollkommenes Glück.
Doch auch in Burma gibt es ein Militär, und zwar, wie man heute weiß, eine der brutalsten Armeen der Welt. Nach der Verfassung haben die Gliedstaaten wie Hsipaw das Recht, aus dem Staatsverband wieder auszutreten. 1962 putscht die Armee, um dem möglichen Austritt einiger Teilstaaten zuvorzukommen, und errichtet eine blutige Diktatur. Prinz Sao Kya Seng wird festgenommen, seine Festnahme jedoch von offizieller Seite geleugnet. Ein schlimmes Vorzeichen. Tatsächlich taucht er nie wieder auf.
Nach längerer Zeit des bangen Wartens gibt die Mahadevi die Hoffnung auf und flüchtet mit ihren beiden Töchtern. Seit 30 Jahren lebt sie in den USA, arbeitete lange als Lehrerin und leitet ein Hilfsprojekt für Flüchtlinge aus Burma (www.burmalifeline.org). Über die Zeit von Inge Sargent als Prinzessin von Hsipaw wurde auch ein Dokumentarfilm gedreht, „The Last Mahadevi“.