Recht und Gesetz sind allgegenwärtig und so selbstverständlich, dass wir sie meist nur wahrnehmen, wenn unsere Rechte verletzt werden oder wir in einen Interessenkonflikt geraten, für den der Gesetzgeber Lösungen parat hält. Das die Gesetze oft nicht einer naturgegebenen Logik gehorchen, sondern meist Ausdruck gesellschaftlicher Kompromisse sind, zeigen die lähmende Schulreformdiskussion oder die Debatte über die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften in Österreich. Meist hinkt die Anpassung von Gesetzen der Veränderung gesellschaftlicher Wertvorstellungen hinterher, manchmal löst sie solche erst aus oder beschleunigt sie.
Zwischen Recht und Unrecht liegt oft nur eine schmale Grenze, sei es eine moralische oder eine geographisch-politische. Manche Normen haben sich seit dem biblischen Dekalog und den römischen Pandekten – dem Kodifizierungswerk von Kaiser Justinian – nicht verändert. Ihre Gültigkeit ist allgemein einleuchtend und in allen Staaten der Welt anerkannt. Andere sind nur in einem bestimmten historischen oder kulturellen Zusammenhang verständlich und sinnvoll. Wenn sie sich als religiöse Vorschriften erhalten, können sie heute noch Identität stiftend wirken.
Gute Gesetze und Rechtsstaatlichkeit fördern Entwicklung. Gesetze können aber auch entwicklungshemmend sein, wenn sie etwa Frauen oder andere Gesellschaftsgruppen vom Zugang zu Land oder anderen Rechten ausschließen. In manchen Ländern halten sich parallele Rechtsordnungen von indigenen Gruppen, die deren Identität stärken. Traditionelle Rechtsinstrumente sind oft besser dazu geeignet, Streitigkeiten zu schlichten und ersparen dem Staat auch Kosten für Rechtspflege und Haftanstalten. Sie haben aber auch problematische Aspekte, etwa wenn sie in Widerspruch zu den universell gültigen Menschenrechten geraten. Die Menschenrechte sind über das Völkerrecht, das sich seit dem Zweiten Weltkrieg rapide entwickelt hat, zu einer Art gemeinsamem kulturellen Erbe der Menschheit geworden. „Totes Recht“, das keine Entsprechung in der Wirklichkeit mehr hat, erhält sich aber oft jahrzehntelang in den Gesetzbüchern.Damit sind der Willkür staatlicher Gesetzgeber Grenzen gesetzt.