Liebe Südwind-Redaktion!

Verlässlich steht er an einer Straßenecke in Villa Carlos Paz, einer kleinen Stadt in der Provinz Córdoba. Sieht er mich kommen, läuft er mir freudestrahlend entgegen und ruft: „Amiga, die neue Ausgabe ist da!“ Wir begrüßen uns – wie in Argentinien üblich – mit einem Busserl auf die Wange, dann drückt er mir stolz „La Luciérnaga“ in die Hand.

Es handelt sich dabei um die monatlich erscheinende Straßenzeitung Córdobas. Das „Glühwürmchen“ (so die Übersetzung) ist weit verbreitet. Wer will, dass in der Bevölkerung über ein Thema gesprochen wird, wie z.B. Wassermangel, der schreibt darüber in der Luciérnaga. Tatsächlich bietet die Zeitung ausgezeichnete, überparteiliche (in Argentinien selten der Fall) und kritische Berichte. Das „Glühwürmchen“ ist daher auch die einzige Zeitung, die ich – im Onlinezeitalter – auf Papier kaufe und gerne lese.

Dass ich daneben auch noch Gutes tue, freut mich natürlich umso mehr. Wie bei allen Straßenzeitungen weltweit üblich, erhalten die VerkäuferInnen einen hohen Anteil an den Einnahmen und natürlich das Trinkgeld, das man ihnen zusätzlich gibt. Wie in meinem Fall bauen sich die Verkäufer oft eine Stammkundschaft auf. Die Straßenzeitung bildet somit auch eine Brücke zwischen der Mittelschicht und den ärmeren Schichten, die ansonsten kaum miteinander in Berührung kommen würden.

In der Internationalen Vereinigung von Straßenzeitungen haben sich 122 Medien aus 41 Ländern zusammengeschlossen, die 14.000 VerkäuferInnen und ihren Familien ein Einkommen bieten und eine Leserschaft von sechs Millionen erreichen. Wer gehört noch nicht dazu?
Yvonne A. Kienesberger