Gehen, gehen, immer nur gehen: Aufwachen, Frühstück kochen, Zelt abbauen, gehen, gehen, bergauf, bergab, Wasser trinken, gehen, kurze Mittagsrast, gehen, rauf, runter, gehen, Wasser trinken, gehen, Zeltplatz suchen, Zelt aufbauen, zu Abend essen, todmüde einschlafen: die tägliche Routine des Wanderns und die Tage ähneln einander. Ich versuche vorwärts zu kommen, meist 45, 50 Kilometer am Tag, vom ersten Tageslicht bis zum Einbruch der Dunkelheit; ob Regen oder Sonne, bei Wind und Wetter, nicht selten an der Grenze meiner Belastbarkeit. Doch da ist noch mehr: nach tagelangem Regen auf der Carretera Austral im südlichen Patagonien reißen plötzlich die Wolken auf und die Sonne kommt zaghaft hervor. Unweit der Straße sehe ich einen riesigen, ja fast magisch anmutenden Berg voller Eis und Schnee. Dann komme ich an über 3.500 Jahre alten Alercebäumen vorbei.
Da ist auch noch der Falke, der meinen Weg begleitet, mir seine akrobatischen Flugkünste vorführt. Oder auch die Menschen, die ich entlang des Weges treffe: Ein Bauer heizt seine alte finnische Holzsauna für mich ein. Manchmal treffe ich patagonische Gauchos, und während der Matetee die Runde macht, eröffnen ihre Geschichten mir eine völlig andere Welt. Dann bin ich wieder auf einer der vielen endlosen Geraden unterwegs, plötzlich sehe ich in der Ferne einen Punkt, der immer näher kommt: ein Radfahrer. Beide sind wir froh über das Zusammentreffen und tauschen Erfahrungen aus. Das Gehen ist mehr als nur eine Routine: es ist voller Gegensätze, unerwarteter Erlebnisse, Anstrengungen aber auch willkommener Entspannung.
Der Autor ist zu Fuß von Bad Ischl nach Tokio unterwegs (S. SWM 3/04)