Isabelle Eberhardt wurde 1877 in Genf als Kind adliger russischer Emigranten geboren, ihr Stiefvater war Anarchist, der Haushalt entsprechend unkonventionell. Schon in Jugendjahren begann sie sich für arabische Kultur und Sprache und für den Islam zu interessieren. Sie weigerte sich schon damals, als Mädchen bzw. als Frau gekleidet zu gehen und behielt die Angewohnheit, Männerkleider zu tragen, ihr Leben lang bei. 1897 reist sie zusammen mit ihrer Mutter zum ersten Mal nach Algerien und findet sich endlich am Ziel ihrer Wünsche: als Mann verkleidet, in orientalischer Tracht, erkundet sie die engen Gassen der Altstadt und besucht Märkte und Moscheen, um ihr Arabisch zu vervollkommnen und Sitten und Bräuche des Volkes zu studieren, die sie bisher nur aus Büchern kennt.
Später reitet sie allein durch die Wüste, heiratet einen einheimischen Leutnant, schreibt starke poetische Prosastücke, trinkt Absinth und raucht Haschisch im Übermaß, führt ein abenteuerliches Leben und stirbt schliesslich 1904 im Alter von 27 Jahren, als ein tropisches Gewitter ihr Haus zum Einsturz brachte. Ihr früh vollendetes Leben wirft so viele Fragen auf, die mich bis heute bewegen: Anarchismus, Feminismus, Kolonialismus und islamischen Fanatismus. Sie hatte die Wüste, das unwirtlichste Terrain der Erde, zum Schauplatz ihrer Selbstverwirklichung gemacht, die Radikalität ihres Lebens war und ist mir ein Vorbild.
Isabelle Eberhardt, SANDMEERE. März bei Zweitausendeins. Berlin – Frankfurt 1981.
Die Schriftstellerin Liesl Ujvary, geboren in Pressburg, lebt in Wien. Texte, Bilder, Musik. Zuletzt erschienener Roman: „Das reine Gehirn“ (Ritter Verlag, Klagenfurt).
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