Hunger

Von Ruth Papacek · · 2011/02

Muhammad al-Bissati

Roman. Aus dem Arabischen von Hartmut Fähndrich. Basel, Lenos 2010. 140 Seiten, € 17,50

Eine Familie leidet unter Armut. Der Vater hat keine fixe Arbeit – und falls er eine hat, wird er rasch wieder entlassen. Seine arbeitslose Zeit verbringt er mit Nachdenken über den Alltag und das Leben. Die Mutter hingegen muss sich um die zwei Söhne kümmern, Essen auftreiben und borgt sich oftmals – weil das Geld meist nur kurze Zeit ausreicht – Brot sowie ein wenig Käse von den Nachbarinnen. Wenn der Hunger sie quält, dann sitzt die ganze Familie im Hof, die Kinder fest an die Beine der Mutter gedrängt, der Mann stochert mit einem Strohhalm zwischen seinen Zähnen und gemeinsam hören sie auf ihre rumorenden Mägen. Der Hunger ist allgegenwärtig und bestimmt ihr Leben.

Passagenartig erzählt der Autor verschiedene Episoden aus ihrem Alltag. So z.B. wird dem einen Sohn die Freundschaft mit einem Mitschüler aufgrund seiner niederen Herkunft und Bildung verboten. Oder als die ganze Familie zu einer reichen Familie ins Haus zieht, um auf deren kränkliches Familienoberhaupt aufzupassen und dabei den „Luxus“ von Betten sowie regelmäßiger Nahrung zu erleben. Längere Zeit verfolgt der Vater auch eine Gruppe von Studenten und lauscht hingerissen ihren gebildeten Diskussionen.

Langsam, bedächtig und dabei aufwühlend schildert der Autor immer wieder die Hoffnungslosigkeit und die Armutsspirale ohne Ausweg aus dem tristen Alltag. Für kurze Momente wird der Familie ein „normales“ Leben ohne Hunger ermöglicht, nur um sie kurz darauf erneut in der Resignation versinken zu lassen. Und weil Hartmut Fähndrich es in seinem Nachwort so schön formuliert, soll sein Zitat als Schlusssatz gelten: Der Autor „beschreibt, für Tausende von Familien in Ägypten, für Millionen weltweit gültig: die ungleiche Verteilung von Reichtum und Arbeit, die Fragwürdigkeit karitativen Eingreifens, die Lächerlichkeit religiöser Besänftigungen, die Leere revolutionärer Diskurse, den allmählichen physischen und psychischen Ruin durch Hunger“.

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