In der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (ÖEZA) geht der Trend in Richtung Ausschreibung von Projekten. Ist dies der geeignete Weg zu mehr Effizienz? Diese Frage 1 stellten wir Außenministerin
Benita Ferrero-Waldner und der Verfahrensexpertin Petra Navara-Unterluggauer 2.
Die Regelungen des österreichischen Bundesvergabegesetzes 2002 verpflichten die Österreichische Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit im Außenministerium, den Ankauf von Leistungen nach bestimmten Verfahren zu vergeben. Das Positive daran ist sicher, dass dabei ein freier und fairer Wettbewerb sichergestellt wird. Dem Bieter ist es möglich, Entscheidungen nachzuvollziehen und überprüfen zu lassen. Hinter allen diesen Regelungen stehen allgemeine Grundsätze wie die Beachtung der gemeinschaftlichen Grundfreiheiten, das Diskriminierungsverbot, der Gleichbehandlungsgrundsatz oder auch die Forderungen nach Umweltgerechtheit und sozialen Aspekten der Leistung. Ziel ist es, durch Wettbewerb eine möglichst effiziente Nutzung öffentlicher Gelder mit einem Optimum an Leistung zu erreichen. Die Schattenseite ist sicher ein komplizierteres Verfahren, das auch einen erhöhten Verwaltungsaufwand bedeutet.
Im Sinne des Bundesvergabegesetzes ist die ÖEZA grundsätzlich ein Auftraggeber wie andere Stellen der öffentlichen Verwaltung. Gleichzeitig muss aber auch auf Aspekte der langfristigen Kontinuität sowie der speziellen Erfahrung für die Arbeit in Partnerländern Rücksicht genommen werden. Diese Anforderungen stehen allerdings nicht im Widerspruch zu den Anforderungen des Bundesvergabegesetzes.
Wenn bei der Umsetzung in der ÖEZA Probleme auftauchen, dann eher wegen limitierender Bestimmungen des Bundeshaushaltsrechts. So sind etwa der beschränkte zeitliche Planungshorizont und geltende Budgetvollzugsbestimmungen in der Verwaltung eine Rahmenbedingung, die es nicht erlaubt, Leistungen für eine angemessen lange Laufzeit zu bewilligen. Verlängerungen bestehender Aufträge ohne ein neues Vergabeverfahren als Lösung dieses Problems sind nur in sehr eingeschränkter Weise möglich.
Darüber hinaus zwingen die für die Abwicklung der geregelten Verfahren notwendigen Schritte zu einer fundierten Vorbereitung von Projekten. Der resultierende Wettbewerb und damit Zugang zum Markt stellt sicher, dass das Spektrum an potenziellen Unternehmen ständig vergrößert wird. Auch werden so die Bieter sowohl in finanzieller als auch qualitativer Hinsicht alle Anstrengungen unternehmen, attraktive Angebote zu legen.
Zusammenfassend kann man daher festhalten: Ausschreibungen tragen durch mehr Transparenz sicher langfristig auch zu mehr Effizienz bei. Die Vergabe von Förderungen, ganz besonders im Bereich, wo auch private Kofinanzierungsmittel eingesetzt werden, können und sollen sie aber nicht ersetzen.
Benita Ferrero-Waldner
Der Beitritt Österreichs zur EU bewirkte einen unmittelbaren Kurswechsel in der Finanzierungsstrategie der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit: Reduzierung der Finanzierung von Vorhaben von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), stattdessen Ko-Finanzierungen seitens der EU und höhere Eigenmittelbeiträge der NGOs. Die Ausschreibung von Projekten ist ein weiterer Schritt in der Harmonisierung der österreichischen mit den EU-Spielregeln in der EZA-Arena.
Jedes neue Instrument bewirkt Veränderungen. Ob es zu mehr Effizienz und/oder Effektivität führt, werden wir wohl erst nach ein paar Jahren wissen.
Fest steht, auf Seiten der ausschreibenden Stellen entstand mit der Einführung der Ausschreibungen ein erheblicher Verwaltungsaufwand, der aus EZA-Mitteln finanziert wird.
Für nicht-gewinnorientierte Unternehmen wie die NGOs hingegen ist die Beteiligung an einer Ausschreibung ein Risiko: hoher Einsatz von Ressourcen mit zweifelhafter Chance, den Auftrag zu erhalten. Die Kosten müssen aus Eigenmitteln der NGOs abgedeckt werden. (Wie sinnvoll ist dieser Aufwand bei einem Angebots-Oligopol, wie es in Österreich herrscht?)
Aus dem Blickwinkel einer NGO sind andere Aspekte aber bedeutender:
Die ausgeschriebenen Vorhaben sind Geber-bestimmt, inhaltlich, regional und sektoriell. Die Interessen der Partner und Zielgruppen im Süden stehen im Schatten jener der Finanzgeber.
In der Entwicklungszusammenarbeit können Erfolge meist erst nach kontinuierlichen Bemühungen erzielt werden, ausschlaggebend ist das Vertrauensverhältnis zwischen projektdurchführender Organisation und den Partnern vor Ort. Die Ausschreibung von einzelnen Projektphasen stört bei einer anschließenden Vergabe an eine neue Durchführungsorganisation den Entwicklungsprozess empfindlich.
Andererseits kann Konkurrenz unter den Bietern die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorhaben erhöhen, die Angebote sind technisch ausgefeilter, qualitativ hochwertiger und akribischer kalkuliert als Projektplanungen über zehn Jahre. Um möglichst seriöse Anbote legen zu können, führen NGOs und technische Büros ihre Kompetenzen zusammen, gründen Bietergemeinschaften. Ein weiterer Schritt in Richtung Qualitätssteigerung. Davon profitieren auch die Partner und Zielgruppen.
Ist die Ausschreibung also ein Instrument, das am Ende den Partnern und Zielgruppen im Süden dient? Diese Frage steht leider im Hintergrund. Der öffentliche Geber verfolgt andere Ziele: Anpassung an EU-Standards, Durchsetzung der öffentlichen Policy, Kontrolle, Transparenz in der Vergabe.
Legitim. Aber effizient?
Petra Navara-Unterluggauer
1) An dieser Stelle im SÜDWIND-Magazin werden aktuelle entwicklungspolitisch relevante Fragen gestellt. Antworten geben die politisch für Entwicklungszusammenarbeit verantwortliche Außenministerin Ferrero-Waldner sowie vom SÜDWIND eingeladene ExpertInnen.
2) Mag.a Petra Navara-Unterluggauer, eine der beiden Geschäftsführerinnen von HORIZONT3000 mit den Schwerpunkten Personalprogramm, Ausschreibung, Öffentlichkeitsarbeit.