Die extremen Temperaturunterschiede in Österreich sind schwer zu ertragen. In Somalia unterscheiden sich die Jahreszeiten eher durch die Niederschlagsmenge.
Der Sommer neigt sich dem Ende zu – es war der achte, den ich hier in Österreich bisher verbracht habe. Und wieder habe ich ihn temperaturtechnisch als anstrengend empfunden. Für viele hier klingt es überraschend, wenn ich sage, dass die Hitze in Somalia viel angenehmer ist. In den „dry seasons“, den trockenen, heißeren Jahreszeiten von Juni bis Oktober und Dezember bis März, liegen die Temperaturen bei maximal 30 Grad. Nie entsteht da diese feuchte, schwüle Hitze, die mich hier so niederdrückt wie etwa in Wien Mitte Juli – trotz Duschen, Schatten und Eis.
Da wie dort haben die Kinder Ferien, wenn es heiß ist. In Somalia fährt – abgesehen von ganz wenigen Superreichen – aber niemand auf Urlaub ins Ausland. Die Erwachsenen hören nicht auf zu arbeiten, denn das kann sich kaum wer leisten. So etwas wie bezahlten Urlaub gibt es so gut wie nicht. Organisierte Ferienprogramme für die Kinder auch nicht. Aber das ist kein Problem. Es ist selbstverständlich, dass sich Familienmitglieder oder Nachbar:innen um sie kümmern.
Ganz im Gegensatz zu hier. Ich kann zwar einige Wochen Sommerurlaub nehmen, aber in der restlichen Zeit muss ich die Kinder in Betreuungsprogramme schicken oder sie mit in meine Arbeit nehmen.
Am allerliebsten würde ich mir hier meinen ganzen Urlaub im Winter nehmen, damit ich nicht aus dem Haus zu gehen brauche. Mein Körper hat sich bis jetzt nicht an die Kälte gewöhnt. Ständig bin ich krank. Da kann ich mir noch so viele Paar Socken und Pullover anziehen, ich friere immer. Die gestiegenen Heizkosten haben die Situation im vergangenen Winter noch unerträglicher gemacht. Sehnsüchtig dachte ich an die Regenzeiten in Somalia (April bis Juni und Oktober bis Dezember). Da hat es angenehme Temperaturen und niemand muss fürs Heizen Geld ausgeben.
Aber auch klar, wenn der Regen ausbleibt – was immer öfter der Fall ist –, wird Dürre schnell zur Existenzbedrohung.
Es gibt nicht sehr viele Dinge, von denen ich denke, dass sie in Somalia besser sind als hier. Die Temperaturen und die familiäre, sowie die gegenseitige nachbarschaftliche Unterstützung gehören dazu.
Hamdi Hassan ist freie Journalistin sowie Dolmetscherin/Übersetzerin bei verschiedenen Organisationen. Sie kommt aus Somalia und lebt seit sieben Jahren in Österreich.
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