Zum 50. Todestag von Ernesto „Che“ Guevara hat Stefanie Braunisch sich angesehen, was heute von der Ikone noch übrig ist.
Sei es als Büste im Donaupark in Wien, an den Wänden diverser Lokale oder unumgänglich als Motiv auf T-Shirts: Che Guevara ist ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod allgegenwärtig. Doch wie entstand dieser Mythos?
Das berühmte Portrait stammt vom kubanischen Fotograf Alberto Korda: Im März 1960 explodierte der Waffen transportierende Frachter La Coubre im Hafen von Havanna. Für Fidel Castro ein Sabotageakt der USA, die das zurückwiesen. Bei einer Begräbnisfeier für die rund 100 getöteten Hafenarbeiter tauchte Che Guevara im Hintergrund der Bühne auf. Der Blick in die Ferne, das Barett mit Stern – Korda drückte ab, ein Mythos war geboren.
Autor und Journalist (u.a. regelmäßig für das Südwind-Magazin) Robert Lessmann, der 2006 eine Che Guevara-Biographie schrieb, nennt den von Korda festgehaltenen Che „Prototyp eines Berufsrevolutionärs“. Die Faszination für Che Guevara rührte einst laut Lessmann nicht zuletzt von seiner Beteiligung an der kubanischen Revolution, seiner Prinzipientreue und seinem Märtyrer-Willen her, was viele bewunderten.
Ernesto Guevara opferte sich für die Sache auf, und für andere. 1967 führte dies zu seinem Tod, nach einem Verrat wurde er unter Mithilfe von US-Geheimdiensten in Bolivien von der Armee gefangengenommen und erschossen.
Che lebt! Der Mythos sollte aber weiterleben. Für Kulturwissenschaftler und Publizist Thomas Mießgang trugen dabei besonders die Bilder nach der Exekution dazu bei. Die Fotos würden mitunter an eine Pietà erinnern, die in der katholischen Kirche verbreitete Darstellung des Leichnams des vom Kreuz abgenommenen Jesus Christus im Schoß Marias.
Ernesto Rafael Guevara de la Serna, genannt „Che“
Geboren am 14. Juni 1928 in Argentinien, reiste Guevara in seiner Jugend und während seines Medizinstudiums durch Südamerika und setzte sich mit marxistisch-kommunistischen Prinzipien auseinander. Guevara war 1959 einer der Hauptbeteiligten der kubanischen Revolution und danach Industrieminister und Leiter der kubanischen Nationalbank. Nach politischen Differenzen in Kuba unterstützte er 1965 die Revolution in der damaligen Republik Kongo und versuchte 1966 in Bolivien eine kommunistische Revolution voranzutreiben. Am 9. Oktober 1967 wurde er in Bolivien erschossen. S.B.
Für seine Gegner sei die Reaktion auf die Fotos eine ideologische Niederlage gewesen, sie wollten Guevaras Andenken damit eher vertreiben, so Mießgang, der sich mehrfach mit Che auseinandersetzte.
Che Guevara, das war nicht immer nur Revolutionsromantik: Zahlreiche Todesurteile wurden in seiner Verantwortung vollstreckt, Straf- und Arbeitslager für „Gegner der Revolution“ errichtet.
Fehlende Reflexion. In der Öffentlichkeit ist eine differenzierte Sicht auf Guevaras Wirken für Mießgang verloren gegangen – „Che“ sei heute als Symbol praktisch entpolitisiert.
Lange sei das Politische an Che ein Grund dafür gewesen, dass er zur Legende wurde. Besonders die linke 68er-Generation in Europa verwendete ihn als „fotogenes Aushängeschild der Revolution“, wie Lessmann es nennt. Seine Idee einer Weltrevolution, die von den Befreiungsbewegungen in Lateinamerika, Afrika und Asien ausgeht, inspirierte viele Menschen weltweit.
Erst im Laufe der Zeit verloren sich die revolutionären Ansprüche an Guevara immer mehr.
Was heute bleibt, ist Kordas Portrait als Sinnbild einer Revolution, auf T-Shirts, Tassen und Postern. Ironischerweise, wie Mießgang bemerkt. Während Guevara Zeit seines Lebens für den Kommunismus kämpfte, wurde sein Bild vom Kapitalismus gekapert.
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