Versuch über den Irak-Krieg
Verlag Mandelbaum, Wien 2003, 170 Seiten, EUR 9,80
Journalismus ist ein schnelllebiges Geschäft, und nichts ist bekanntlich so uninteressant wie die Schlagzeile von gestern. Trotzdem versucht die Autorin, Außenpolitik-Chefin der Tageszeitung „Der Standard“, selbst Islamwissenschaftlerin und nicht erst seit dem Irak-Krieg und seinen Vorboten an diesem Land und seiner Bevölkerung interessiert, im Rückblick einige ihrer Gedanken rund um die „Kriegsgründe“ zu systematisieren.
Weil sie, wie sie selbst von sich sagt, eine überzeugte Anhängerin der „Für und wider-Analyse“ ist, nennt sie das Produkt ihrer Recherchen „Versuch“. Wie die Teile eines Puzzles fügt sie zusammen, was in der tagesaktuellen Berichterstattung oft nur bruchstückhaft wiedergegeben wurde, und holt dazu sowohl in der zeitlichen als auch in der räumlichen Dimension aus.
Der jüngste Irakkrieg, „der Krieg der vielen Kriegsgründe“, ist in Zusammenhang mit der versuchten „Eindämmung“ des Irak seit 1991 zu sehen, die sich zunehmend abgenützt hat, sowie mit dem ganzen Paket der strategischen Interessen der USA im Nahen und Mittleren Osten, für das „Öl“ nur eine Chiffre ist. Harrers Hauptaugenmerk liegt jedoch auf der Geschichte der UN-Resolutionen, der Missachtung des UN-Prozesses durch die USA, bzw. dessen Instrumentalisierung für die eigenen Interessen. Ein „neuer völkerrechtlicher Weg“, der bei der Autorin ein „gewaltiges Unbehagen auslöst“.
Ein schwacher Trost für die Autorin: Mittlerweile scheint der irakische Widerstand gegen die US-Besatzung die USA zu einer „Rückkehr“ zum Multilateralismus über die Vereinten Nationen zu zwingen.