Der IWF hat also eingelenkt. Der geplante Verkauf von Goldreserven zur Finanzierung von Schuldenerleichterungen für Entwicklungsländer wird nicht über den freien Markt erfolgen. Ausserdem haben die europäischen Zentralbanken ihre Goldverkäufe freiwillig l
Um seine Verluste aus diesen Streichungen in den Büchern auszugleichen, wollte der IWF einige seiner Goldbarren auf den Markt werfen. Konkret: 10 Millionen Feinunzen im Wert von rund 3 Milliarden US-Dollar. Dummerweise verkündete auch die Bank von England, daß sie rund 415 Tonnen des gelben Metalls (mehr als die Hälfte ihres Gesamtbestandes) an den Mann oder die Frau bringen wolle. Allein der Gedanke setzte einen drastischer Kursverfall auf den Weltmärkten in Gang. Im Mai dieses Jahres wurde die Feinunze zum Preis von 250 US-Dollar gehandelt – so wenig wie schon seit 20 Jahren nicht mehr.
In den goldproduzierenden Ländern erhoben sich Proteststürme. In Südafrika, Afrikas größtem Produzenten, organisierten die Manager der multinationalen Großkonzerne sogar gemeinsam mit den Gewerkschaften eine Demonstration vor der britischen Botschaft. In Simbabwe, das seine Devisen neben Tabak vor allem dem Gold verdankt, sanken die monatlichen Einnahmen aus dem Goldexport um sagenhafte 98 Prozent. Der Verlust von 110.000 Arbeitsplätzen allein in diesen beiden Ländern wurde befürchtet. Und das, obwohl schon in den vergangenen beiden Jahren weltweit mehr als 130 Goldminen geschlossen werden mussten. Der Tenor des Widerstands: Was der IWF mit der einen Hand gibt, nimmt er mit der anderen wieder weg.
Als auch der World Gold Council – eine Industrielobby – in Washington intervenierte, wurde in den Büros der Glaspaläste eilig an Lösungen getüftelt. Der kollektiven Anstrengung entsprang eine weitere geniale Idee: Die Goldreserven des IWF werden nicht verkauft, sondern nur mit dem aktuellen Marktpreis neu bewertet. In den Büchern stehen die nämlich mit dem Einkaufswert von vor 50 Jahren. Damals lag der Preis der Feinunze bei 47 US-Dollar, heute (Ende September 99) bei etwa 300 US-Dollar. Die geplante Neubewertung von 14 Millionen Feinunzen bringt mit einem Federstrich rund 3,5 Milliarden US-Dollar in die Kassen des Fonds und wirkt sich weder auf das Angebot noch auf den Weltmarktpreis für Gold aus.
Als dann noch 15 europäische Zentralbanken, einschließlich der Bank von England, gemeinsam ankündigten, in den kommenden fünf Jahren nicht mehr als 2.000 Tonnen Gold verkaufen zu wollen, kehrte sich die Markttendenz schlagartig um. Der Goldpreis begann wieder zu klettern. Ist damit wieder alles eitel Wonne?
Es wäre nicht der IWF, gäbe es da nicht das Kleingedruckte. Freilich, die geplante Neubewertung setzt einen Präzedenzfall insoferne, als damit ein für allemal klar gestellt wurde, daß das Schuldenproblem der Entwicklungsländer auf buchhalterische Weise gelöst werden kann. Andererseits wird der IWF die freiwerdenden Mittel aber nicht direkt der HIPC-Initiative zuführen, sondern gewinnbringend anlegen, um aus den Zinserträgen die Schuldenstreichungen zu finanzieren. Das heißt, die Summe ist gar nicht so groß wie sie ausschaut. Und ausserdem: Teile davon sollen auch in den ESAF-Fonds fließen, der die sattsam bekannten Strukturanpassungsprogramme finanziert.
Auch die GoldproduzentInnen sollten sich nicht allzulange freuen. Die jetzt steigenden Preise sind bestenfalls eine kleine Verschnaufpause. Seit die Goldbindung der nationalen Währungen in den siebziger Jahren abgeschafft wurde, haben die großen Reserven, die in den Zentralbanken lagern, keine Funktion mehr. Irgendwann wird sicher wieder ein gewiefter Politiker daraus Kapital schlagen wollen. Die Schmuckindustrie kann auch nur einen Teil der Goldjahresproduktion verarbeiten. Das strukturelle Problem eines Überangebotes wird sich nicht so leicht beseitigen lassen. Länder wie Simbabwe, Ghana und Südafrika sollten sich schleunigst um Alternativen umschauen, um auch im neuen Jahrtausend ausreichende Exporteinnahmen zu sichern.
Der Autor ist Regionalkoordinator für das südliche Afrika für den Österreichischen Entwicklungsdienst (ÖED) mit Sitz in Harare, Simbabwe.
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