Ein internationaler Lehrgang bringt AktivistInnen aus Gewerkschaften und anderen Organisationen der Zivilgesellschaft in Österreich an einen Tisch.
Immer häufiger wird Produktion aus Europa in Billiglohnländer verlagert, wo oft Mensch und Natur ausgebeutet werden. Gleichzeitig nimmt bei den Menschen im Norden die Furcht vor einem Verlust des Arbeitsplatzes zu. ArbeitnehmerInnen im Süden werden als Bedrohung wahrgenommen. Damit der Wettlauf nach unten nicht fortschreitet, müssen Gewerkschaften und NGOs weltweit stärker zusammenarbeiten.
Die Südwind Agentur, „weltumspannend arbeiten“ und der Verband österreichischer gewerkschaftlicher Bildung (VÖGB) entwickelten zu diesem Zweck das Projekt „Menschenwürdige Arbeit für menschenwürdiges Leben“. Kern des Projekts ist ein zweisemestriger Lehrgang, der inzwischen bereits zum vierten Mal angeboten wird: „Global denken, global handeln!“.
GewerkschafterInnen, BetriebsrätInnen und MitarbeiterInnen aus NGOs bekommen in Sankt Wolfgang in Oberösterreich die Gelegenheit, in sechs Modulen und bei einer internationalen Konferenz intensiv miteinander zu arbeiten. Dabei geht es nicht nur darum, die Hintergründe der Globalisierung auszuloten und Lösungen im Sinne einer nachhaltigen sozialen Entwicklung zu suchen. Es geht auch darum, ein persönliches Netzwerk aufzubauen und das „Gegenüber“ besser zu verstehen – als Grundlage für eine engere Zusammenarbeit.
Durch GastreferentInnen aus Bangladesch, Indien oder Nigeria und eine gemeinsame Konferenz mit den Projektpartnerländern Rumänien, Bulgarien, Litauen, Polen und Brasilien gibt es zusätzliche Gelegenheit zum internationalen Austausch.
Bisher haben 66 Personen diesen Lehrgang besucht. Der nächste Durchgang startet voraussichtlich im Herbst 2016.
Susanne Loher gehört dem Koordinationsteam des Lehrgangs an. Infos: www.fairearbeit.at
Harald Obenaus und Katharina Auer haben am Lehrgang „Global denken, global handeln!“ teilgenommen. Wie hat das ihr Denken und Handeln verändert?
Südwind-Magazin: Warum haben Sie an diesem Lehrgang teilgenommen?
Harald Obenaus: Unser Betrieb hat vor rund 70 Jahren als kleines Unternehmen in Privatbesitz begonnen und ist heute an einen weltweit agierenden Konzern angeschlossen. Mir war es wichtig, meinen Horizont zu erweitern, um aktiv an Lösungen für die Aufgaben unserer Zukunft mitwirken zu können.
Welche neuen Erkenntnisse haben Sie gewonnen?
Mir wurde noch stärker bewusst, wie sehr der Einfluss der großen Konzerne und Banken gestiegen ist und jener der Politik sich verringert hat. Gleichzeitig hat sich die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert.
Mir ist klar geworden, dass Friede auf dieser Welt nur dann herrschen kann, wenn es zu einer gerechteren Verteilung kommt. Konkret hat die Ausbildung mir gezeigt, dass wir uns als Belegschaftsvertreter auch international vernetzen müssen. Nur dadurch können wir Antworten finden auf das Problem der Verlagerung sämtlicher Risiken auf die Rücken der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.
Was konnten Sie bereits konkret umsetzen?
Konkret konnte ich in Zusammenarbeit mit der Lehrgangsleitung die Firma Schütze aus Tragwein, unseren Sicherheitsschuh-Lieferanten, dazu bewegen, seine Zulieferfirma in Indien nach SA8000 zu zertifizieren. Dies gewährleistet hohe Standards beim Arbeitnehmerschutz.
Harald Obenaus ist seit 1976 bei der Firma Hoffmann und Co Elektrokohle, einem Unternehmen der SchunkGroup beschäftigt, seit 1984 im Betriebsrat und seit 2008 Betriebsratsvorsitzender der ArbeiterInnen.
Südwind-Magazin: Warum haben Sie an diesem Lehrgang teilgenommen?
Katharina Auer: In meiner Arbeit bei CARE setze ich mich für Menschenrechte ein. Die Teilnahme am Lehrgang war für mich interessant, um diese Perspektive mit Inhalten aus dem Arbeitsrecht zu ergänzen.
Denn Arbeitsrechte sind Menschenrechte. Außerdem wollte ich mehr über die Strukturen und Menschen in der Gewerkschaftsbewegung erfahren.
Welche neuen Erkenntnisse haben Sie gewonnen?
Die Überschneidung in den Zielen von entwicklungspolitischen NGOs und Gewerkschaften ist für mich noch klarer geworden. Deshalb sind sie wichtige Partner. Ich denke konkret an ein Projekt zu menschenwürdigem Leben von Textilarbeiterinnen in Bangladesch, wo Gewerkschaften klar eine wichtige Rolle spielen. Es gibt aber auch starke Berührungsängste: NGOs wollen nicht „politisiert“ werden, Gewerkschaften finden zeitgebundene Projektarbeit wenig sinnvoll.
Was konnten Sie bereits konkret umsetzen?
Für meine Arbeit nutzen konnte ich das Wissen über internationale Gewerkschaftsstrukturen sowie die Kontakte, die ich während des Lehrgangs geknüpft habe. Im unserem Programm mit Textilarbeiterinnen in Bangladesch konnte ich Anregungen geben, die zum Ausbau der Zusammenarbeit mit Gewerkschaften geführt haben.
Katharina Auer hat bis Oktober 2014 bei CARE Österreich als Programmreferentin für Asien gearbeitet. Seit Jänner 2015 ist sie für CARE Australien Koordinatorin für das Programm „Frauen von ethnischen Minderheiten im nördlichen Laos“.
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