Global daham

Von Redaktion · · 2012/09

Die digitale Welt bestimmt unser Leben so stark, dass wir manchmal glauben, die Wirklichkeit ist im PC. Man kann Tage und Wochen verbringen, ohne reale Menschen zu treffen und trotzdem das Gefühl haben, man ist mittendrin.

Nach einer deratigen Phase verspürte ich das Bedürfnis, von der so genannten virtuellen in die so genannte reale Welt zu wechseln. Ich wollte erforschen, wie sich die Globalisierung ganz konkret vor Ort auswirkt. Wenn es Ihnen auch so geht, lade ich Sie ein: Folgen Sie mir bitte unauffällig in die Sechshauser Straße in Wien!

Sie fahren mit der U 6 zur Station Gumpendorfer Straße, überqueren den Gürtel stadtauswärts, gehen an der Grillhendlstation vorbei. Wohlig warm strahlen Ihnen die tschechischen Hühner aus der Grillstation entgegen. Sie gehen vorbei am asiatisch wirkenden Haarland Daniela – (braucht man dafür ein Visum?) – und gehen dann geradeaus zu einem Geschäft, über dem das Schild hängt: „China Shop – Vienna Austria Graz“. Das ist das Verwirrende an der Globalisierung: Gehört jetzt dieser Shop zu China, Vienna, Austria oder Graz? Der Chinashop ist jedenfalls eines von diesen Geschäften, in denen man „Herkules Rasierer“ bekommt und Zimmerbrunnen aus Plastik, die aussehen, als hätte Playmobil in diesem Jahr einen Steiermark-Schwerpunkt. Darüber in der Auslage wunderschöne Spielzeugplastikgewehre mit orangen Patronen. Das Gewehr richtet sich gegen eine Puppe, die lacht. Wenn Sie jetzt Hunger bekommen, dann nichts wie rein in den Dönerladen nebenan. Dort gibt es jeden 10. Kebab gratis. Voraussetzung: ein Dönerpass! Schönes Wort. Ob man damit über die Schengengrenze kommt? Oder zumindest ins Haarland Daniela?

Falls Sie in dieser Richtung Probleme haben, hilft ihnen der Messerkönig von Sechshausen. Die Waffen, die er in der Auslage herzeigt, sind sicher für jeden Dönerpassbesitzer, der ins Haarland Daniela will und kein Visum besitzt, eine große Unterstützung. Weil es aber nicht schick ist, seine Waffen offen zu tragen, gibt es idealerweise gleich anschließend ein Taschengeschäft. Aktion des Monats: Eine Handtasche in Gitarrenform. In violett! 47 Stück davon haben die zwei Asiatinnen schon verkauft. Wenn Sie mit dieser Tasche unterwegs sind und ihre Messer verstecken, weil sie ins Haarland Daniela wollen, aber keinen Dönerpass besitzen, ist die Handtasche in Gitarrenform die ideale Tarnung. Willkommen im globalen Dorf Wien!

Georg Bauernfeind ist Kabarettist und Publizist in Wien. Programm und Termine auf www.georg-bauernfeind.at

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