Einer der am weitesten verbreiteten Mythen ist, dass wir in einem ťInformationszeitalterŤ leben.
Es ist an der Zeit, dass wir JournalistInnen den oft subtilen Druck analysieren, von dem wir uns manipulieren lassen. Was und wie über die Menschheit berichtet wird, richtet sich zu oft nach dem Kriterium ihrer Nützlichkeit für strategische und wirtschaftliche Interessen des Westens. Die Schuld unserer Regierungen wird zu oft bagatellisiert. Auch wenn es nun neuerdings Medienbeilagen in Zeitungen und Lehrgänge in Medienwissenschaft gibt: Dieses Thema bleibt ein Tabu, oder man umschleicht es in defensiver Absicht.
Eine kaum erkannte Gefahr ist die Expansion der Public Relations, fast als Ersatz für echten Journalismus. Die PR-BeraterInnen, sagt Max Clifford, der berühmte PRGuru der Prominenz, übernehmen die Rolle, die investigative JournalistInnen spielen sollten, aber es wegen Kosteneinsparungen nicht können. Laut der Fachzeitschrift PR Week beläuft sich der Umfang des PR-generierten Materials in den britischen Medien auf 50 Prozent in jedem redaktionellen Teil einer Qualitätszeitung außer im Sport. Was auf den Finanzseiten oft als Nachrichten durchgeht, ist von PRBeraterInnen abgepackt, die von Investmentfirmen bezahlt werden.
Geschichte ohne Erinnerung, schreibt Time Magazine, verurteilt AmerikanerInnen zu einer Art ewigen Gegenwart. Und während wir anderen in den Strudel dieser ewigen Gegenwart geraten, kämpft die Erinnerung um die Rettung der Wahrheit, dass Rechte nicht auf der so genannten Macht der KonsumentInnen oder auf Technologie beruhen, sondern auf einer langen, schmerzvollen Geschichte des Kampfes.
Über die große Demonstration gegen die Welthandelsorganisation WTO in Seattle 1999 wurde berichtet, als ob sie ein neuartiges Phänomen wäre. Tatsächlich gab es bereits viele Seattles in den Entwicklungsländern, im Süden. Vergangenes Jahr demonstrierten rund eine Million Menschen in etwa 30 Ländern gegen die Globalisierung. Wenn die globalen Medien darüber berichten, werden uns stets Bilder von chaotischen Straßenkämpfen gezeigt.
Wer Publizistik unterrichtet, ist dafür verantwortlich, jungen JournalistInnen bewusst zu machen, wie hinterhältige Propaganda und Zensur durch Unterlassung funktioniert, und dafür, sie mit Überlebenspaketen und Navigationsrouten durch das System auszustatten. Sie müssen sie vor den Fallgruben warnen, wie etwa der des verführerischen Mantra von Rupert Murdoch, der Öffentlichkeit zu geben, was sie will ein Code dafür, der Öffentlichkeit eigentlich keine Wahl zu lassen.
Der verstorbene James Cameron bezeichnete Journalismus als ersten Entwurf der Geschichte. Wird die Propaganda der Macht akzeptiert und unkritisch wiedergegeben, wird zugelassen, dass Sensationsjournalismus und Egozentrik vorherrschen, dann gestalten JournalistInnen die Geschichte mit, aber als Werkzeuge der Macht, und fördern dabei Konflikte und Spaltungen unter den Menschen. Wenn sie allerdings Propaganda erkennen und als solche entlarven, dann geben sie ihren LeserInnen, SeherInnen und HörerInnen die Chance, ihre eigene Geschichte in die Hand zu nehmen.
Š New Internationalist
John Pilger arbeitet derzeit an einer Fernsehdokumentation zum Thema Globalisierung. Sein Website hat die Adresse: www.JohnPilger.com.
Soeben erschienen: In the Name of Justice: The television reporting of John Pilger von Anthony Hayward, bei Bloomsbury.
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