Ob Brasilien, Philippinen oder Österreich – es stellt sich die Frage, wie sicher die Fundamente der Demokratie sind.
Vielerorts wird unter dem Deckmantel der Demokratie um die Macht im Staat gerittert. So zu beobachten ist das derzeit in unterschiedlichen aber gleichwohl besorgniserregenden Varianten. In Brasilien hat sich Michael Temer, der Vizepräsident und Präsident der „Partei der Demokratischen Bewegung“, zumindest vorläufig an die Spitze geputscht, indem er der amtierenden Präsidentin mithilfe korrupter Richter und Eliten Korruptionsvorwürfe anhängte – um die Demokratie zu retten, wie er betonte.
Nicht gewählt. Seiner anfangs großen AnhängerInnenschaft machte es vorerst auch nichts aus, dass Temer selbst gerade erst wegen „Unregelmäßigkeiten“ bei der Wahlkampffinanzierung verurteilt worden war und deswegen nach brasilianischem Recht eigentlich acht Jahre lang nicht für ein politisches Amt kandidieren darf. Das heißt: Durch Wahlen hätte Temer niemals Präsident von Brasilien werden können. „Regierung der nationalen Rettung“ hat er nach der Machtübernahme sein durchwegs männlich besetztes Kabinett benannt und unter anderem das Frauenministerium aufgelöst. Dieses Verständnis von Demokratie gab es zuletzt im antiken Griechenland. In Attika waren nämlich u.a. die Frauen vom Recht der politischen Partizipation ausgeschlossen. Auch das Kulturministerium hat Temer abgeschafft. Das wurde aber nach lauten Protesten wieder einberufen. Dafür sollen nun Diskussionen über brasilianische Politik im Schulunterricht verboten werden. Mittlerweile kann sich Temer nach wenigen Wochen im Amt nur mehr auf zwei Prozent Zustimmung stützen, 58 Prozent der BrasilianerInnen befürworten ein Amtsenthebungsverfahren auch gegen ihn. Das Schicksal der Demokratie in Brasilien steht in den Sternen.
Undemokrat. Wenn wir unseren Blick nach Osten schweifen lassen, finden wir dort einen anderen besorgniserregenden Aufsteiger. Die Rede ist von Rodrigo Duterte, dem neuen Präsidenten der Philippinen (siehe Bericht auf Seite 19), Kandidat der Demokratischen Partei der Philippinen – Macht des Volkes. Von letzterem wurde er tatsächlich rechtskonform gewählt – trotz Frauen verachtender Sager und brutaler Rhetorik gegenüber allem, was sich ihm in den Weg stellen sollte. Dass da auch die demokratische Verfassung und ihre Institutionen dazuzählen, muss wohl berechtigterweise befürchtet werden.
Während in Brasilien die Demokratie quasi ausgehebelt wurde, weil ein Präsident an die Macht kam, der nicht durch demokratische Wahlen legitimiert wurde, aber im entscheidenden Moment große, sowie mächtige Teile der Bevölkerung hinter sich hatte, schaffte es der neue philippinische Präsident durch demokratische Wahlen ins Amt. Beiden Staatsoberhäuptern gemein ist nun, dass sie alles, was in ihrer derzeit großen Macht steht, daran setzen, undemokratisch zu regieren. Es ist fraglich, wer sich nun darum kümmert, die Demokratie zu retten. Lernen können wir aus diesen Beobachtungen in West und Ost und nicht zuletzt auch hier nach den gerade ausgestandenen Wahlen, immer genau hinzusehen, wer sich das Mäntelchen der Rettung der Demokratie umhängt, um seine Machtinteressen zu verfolgen. Am besten vor der Wahl, damit uns nachher nicht das Fürchten kommt und wir irgendwann keine Wahl mehr haben.
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