Visionäre Gedanken zum Schulbeginn.
Manchmal, wenn ich mit mir allein bin, mache ich etwas, was bei vielen reflexartig Ablehnung hervorruft. Dennoch tue ich es und fange an mit: „Was, wenn…?“
Was, wenn – also – Schule anders wäre?
Was, wenn Schule ein Ort wäre, der die Lernenden auffängt? Selbst diejenigen, denen Rückhalt in der Gesellschaft fremd ist. Besonders diejenigen, denen die schönen Seiten des Lebens verborgen scheinen, die im Stillen ihre Päckchen tragen.
Ein Ort, an dem die Lehrenden sehen, dass die Schüler:innen, die ihnen das Leben schwer machen, oft diejenigen sind, die es im Leben schwer haben.
Ein Ort, wo man Lieben und Leben lernt, wo gezeigt wird, dass es besser miteinander als gegeneinander geht, wo Wertschätzung und Achtung vorgelebt werden.
Ein Ort, an dem von unseren Kindern gesprochen wird – egal, welchen Namen, Glauben oder Sprache sie haben – und, wo alle der Meinung sind, dass wir es uns nicht leisten können, auch nur ein einziges von ihnen am Weg zu verlieren.
Ein Ort, wo den Kindern Lebenswege gezeigt, aber auch Platz für ihre eigenen gemacht wird.
Wo gesagt wird, dass wir nicht bereit sind, sie mit irgendwelchen extremen Ideologien, gleich welcher Art, oder durch unfaire Ausgangspositionen, allein zu lassen.
Ein Ort, an dem alle bereit sind, für unsere Kinder zu kämpfen. Ihnen zu zeigen, dass wir es ernst mit ihnen meinen, dass sie uns wichtig sind, dass wir für sie da sind. Dass sie nie mit allen gleich gut klarkommen oder dieselbe Meinung haben müssen – und trotzdem akzeptiert werden bzw. andere akzeptieren. Und, dass das Leben miteinander schöner und erfüllender ist.
Schule als Vorbild
Ich kann die Gedanken förmlich hören, die Stimmen in den Köpfen, die sagen: „Ja, das klingt alles superschön, aber so funktioniert unsere Welt nicht“. Und wissen Sie was? Ich kann es ihnen nicht übelnehmen, denn sie haben das Recht so zu denken, kennen es ja nicht anders. Zumindestens noch nicht.
Deshalb umso wichtiger die Frage: Was, wenn wir anfangen, in der Schule zu leben, was in der breiten Gesellschaft noch nicht möglich ist? Nämlich mit gleichen Chancen, Fairness und nach dem Leitsatz, dass der Mensch an sich erstmal mehr zählt, als die Leistung, die er oder sie erbringt.
Was, wenn Schule anfängt, Vorbild zu sein? Ein besserer, gerechterer Ort wird, der Menschen dabei begleitet, eine bessere, gerechtere Welt zu schaffen. Eine Welt, die es bitter nötig hat, umgekrempelt zu werden.
Und, vielleicht am allerwichtigsten, ein Ort wird, der sie zutiefst berührt. Weil den jungen Menschen dort gesagt wird: „Wir sind so froh und dankbar, dass es euch gibt und ihr genau so seid, wie ihr seid. Diese Welt wäre nicht dieselbe ohne euch und unsere Schule auch nicht.“
Fariza Bisaeva, geboren in Tschetschenien, lebt seit über 20 Jahren in Österreich und studiert im Master Islamische Religionspädagogik. Sie ist den Vereinen Dialog:Abraham und Coexister Vienna mit dabei und gibt als externe Workshopleiterin beim Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes in Schulen Workshops zu Extremismus.
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