Gedanken von Welt: Falsche Mittel

Von Hamdi Hassan · · 2022/Sep-Okt
Gedanken von Welt

Ich und andere aus meiner somalischen Community scheinen medizinische Behandlungen aufgrund unserer Herkunft verschrieben zu bekommen. Das schmerzt.

Als Übersetzerin für Somali und Deutsch in einer Frauenberatungsstelle und einem Verein für psychologische und psychotherapeutische Betreuung für Geflüchtete habe ich einen guten Einblick in die Alltagsprobleme von Somalier*innen in Österreich.

Immer wieder erstaunt mich, dass viele auf Empfehlung des Hausarztes oder der Hausärztin die Beratungsstellen aufsuchen, obwohl sie eigentlich unter Gastritis, Kopfschmerzen oder Schmerzen im Bewegungsapparat leiden. Und sie sagen mir, dass sie gar keine Traumata erlebt haben bzw. nicht depressiv sind.

Auch ich habe diese Erfahrung am eigenen Leib gemacht. Vor drei Jahren begannen meine Füße immer wieder stark zu schmerzen. Ich ging zu meiner Hausärztin, die mich fragte, ob ich traurig oder depressiv wäre. Sie meinte zudem, dass ich es doch mit Entspannung versuchen sollte. Meine Füße würden doch ok aussehen.

Erst als die Beschwerden nicht besser wurden, verschrieb sie mir Schmerzmittel und Massagen. Aber nichts davon half. Schließlich fragte ich sie, ob wir nicht ein Röntgen machen könnten. Das ergab dann nach langer Zeit voller Schmerzen die Diagnose Spreizfüße, also eine Fehlstellung des Fußes.

Das passiert uns Somalier*innen laufend. Wir werden – auch von Mediziner*innen – aufgrund unseres Aussehens und unserer Herkunft in eine Schublade gesteckt. Natürlich gibt es welche, die im Bürgerkrieg oder auf der Flucht traumatisiert wurden und psychologische Hilfe brauchen. Aber eben nicht alle.

Wer nur aufgrund seiner oder ihrer Herkunft auf die Schnelle „diagnostiziert“ wird, läuft Gefahr, falsch behandelt zu werden. Das sollte mit allen Mitteln vermieden werden.

Hamdi Hassan ist freie Journalistin sowie Dolmetscherin/Übersetzerin bei verschiedenen Organisationen. Sie kommt aus Somalia und lebt seit ca. sieben Jahren in Österreich.

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