Dank Generationen von FeministInnen genießen Frauen in vielen Teilen der Welt heute mehr Rechte als je zuvor.
Die Kluft zwischen Frauen und Männern scheint sich zu verringern. Frauen sind heute in der Arbeitswelt stärker vertreten als 1980, und sie haben die Männer zahlenmäßig sogar überflügelt. Mehr Mädchen gehen in die Schule, und der Unterschied zwischen der Einschulungsquote von Mädchen und Buben ist auch geringer geworden. Auch in der Politik sind Frauen stärker vertreten – bei den jüngsten Wahlen in Ruanda sorgte eine Quotenregelung dafür, dass das Land mit 48 Prozent über den weltweit höchsten Frauenanteil im Parlament verfügt. Die kürzlich gegründete Afrikanische Union hat ein Protokoll über die Rechte afrikanischer Frauen beschlossen, das auch ein Recht auf Abtreibung vorsieht – eine Premiere im Völkerrecht – und die Verstümmelung der weiblichen Genitalien verurteilt.
Aber trotz dieser positiven Entwicklungen ist die Lebensqualität von Frauen in keinem Land der Welt mit jener der Männer vergleichbar. Von den 1,3 Milliarden Menschen weltweit, die in absoluter Armut leben, sind zwei Drittel Frauen. Der Anteil der Frauen in Entscheidungspositionen erreicht nur in 28 Ländern 30 Prozent. Selbst in einem „befreiten“ Land wie Großbritannien verdient eine Frau im Schnitt nur 63 Prozent eines durchschnittlichen Männereinkommens.
Weltweit gesehen ist die Gesundheit der Frauen keine Priorität: Jedes Jahr sterben rund 525.000 Frauen an Komplikationen während der Schwangerschaft und der Geburt. Beinahe sämtliche dieser Todesfälle sind vermeidbar.
In den letzten Jahren hat sich die Lage der Frauen in vielen Ländern verschlechtert. In der früheren Sowjetunion wurden mit der Einführung der Marktwirtschaft Errungenschaften wie das Karenzgeld oder die kostenlose Gesundheitsversorgung beseitigt. In 25 Ländern wurden die Rechte der Frauen aus kulturellen und religiösen Gründen eingeschränkt. Dazu gehören Algerien, Nigeria, Pakistan, die Türkei, Malaysia und die USA.
Gewalt gegen Frauen hat den Charakter einer Epidemie. In Indien werden jede Woche fast 100 Frauen von ihren Ehemännern oder deren Familien ermordet, wobei es oft um Mitgiftzahlungen geht. In Bangladesch ist jede zweite ermordete Frau ein Opfer ihres Ehemannes. Die häusliche Gewalt gegen Frauen ist in Pakistan, Peru, in Russland und Usbekistan erschreckend weit verbreitet, wobei die Regierungen nur wenig dagegen unternehmen. In Großbritannien ersucht jede Minute eine Frau telefonisch um Hilfe, weil sie Opfer häuslicher Gewalt wurde.
Vergewaltigung wird nur unzureichend strafrechtlich verfolgt. In den Bürgerkriegen in Sierra Leone, im Kosovo, in der Demokratischen Republik Kongo und in Afghanistan wurde Vergewaltigung als Waffe eingesetzt. Aber auch in Friedenszeiten ist sie an der Tagesordnung. In Südafrika werden täglich 147 Frauen vergewaltigt. Bei einer Vergewaltigung tragen Frauen auch ein höheres Risiko einer HIV-Infektion als Männer.
Als unmittelbare Folge der Ungleichheit in ihren Heimatländern werden Frauen aus der Ukraine, Moldawien, Nigeria, der Dominikanischen Republik, Myanmar und Thailand gekauft, verkauft und zur Prostitution gezwungen, wobei die Regierungen nur wenig dagegen unternehmen. Dass der Kampf um die sexuelle Gleichberechtigung praktisch gewonnen sei und sich nun erübrige, lässt sich angesichts der weltweiten Realität nicht behaupten. Es gibt noch viel zu tun.
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Quellen: Berichte des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen von 2002 und 2003; Amnesty International 2003, Human Rights Watch 2003, Nikki van der Gaag, No-Nonsense Guide to Women’s Rights, New Internationalist/Verso 2004.