2011 schlossen sich in Linz afrikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu einem Netzwerk für Solarenergie zusammen. Margarete Endl sprach mit dem Mitbegründer und Koordinator Daniel Ayuk Mbi Egbe über die Ziele der Initiative, Chinas Wettlauf um Rohstoffe und den Mangel an afrikanischen Fachkräften.
Südwind-Magazin: Sie sind Chemiker an der Universität Linz und bauen ein Netzwerk für Solarenergie in Afrika auf. Wie kam es dazu?
Daniel Ayuk Mbi Egbe: Das passierte zufällig – oder mit Gottes Fügung. Bei einer Konferenz in Tunesien stellte sich heraus, dass die OrganisatorInnen Teketel Yohannes, einen bekannten Wissenschaftler aus Äthiopien, nicht eingeladen hatten, weil sie ihn schlichtweg nicht kannten. Er war trotzdem anwesend. Noch immer haben französisch sprechende AfrikanerInnen mehr Kontakt mit Frankreich als mit ihren englischsprachigen KollegInnen in Afrika. Wir beschlossen spontan, ein Netzwerk afrikanischer WissenschaftlerInnen aufzubauen. Ich war der Einzige, der englisch und französisch spricht, so wurde ich Koordinator.
Was sind die Ziele des Netzwerks?
Bei unserer Gründungskonferenz im Februar 2011 in Linz nannten wir uns „Ansole“ (für African Network for Solar Energy, Anm. d. Red.) und formulierten drei Ziele: das Solarenergie-Wissen auf jeder Bildungs-Ebene zu forcieren – von der Facharbeiterausbildung bis zum Hochschulstudium; afrikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu vernetzen sowie erneuerbare Energien zu promoten.
Was hat Ansole bisher erreicht?
Nehmen wir Kamerun. Dort organisierten wir 2011 eine Tagung in Jaunde, gemeinsam mit dem kamerunischen Energie- und Wasserminister. Ende 2011 wurde ein Gesetz im Parlament eingebracht, wonach Investoren aus dem Ausland in erneuerbare Energien investieren dürfen. Im Februar 2012 veranstaltete Ansole eine dreitägige wissenschaftliche Solarenergie-Konferenz, wieder in Jaunde. Kurze Zeit danach startete Kamerun ein großes Photovoltaikprojekt. Bis 2020 werden in 250 Ortschaften Photovoltaikanlagen mit insgesamt 500 Megawatt installiert. Zufall? Ich denke, Ansole hat dabei eine gewisse Rolle gespielt.
Deutsche Konzerne wollten über das Programm Desertec in Nordafrika eine Solarstromproduktion aufziehen. Das Konzept war von Anfang an umstritten, nun sind Siemens und Bosch ausgestiegen, das Projekt stockt. Was halten Sie von Desertec?
Bei Desertec gab es mehrere Probleme: Erstens sollte der Strom mit solarthermischen Kraftwerken erzeugt werden. Doch diese Technologie hat Nachteile, da man viel Wasser für das Abkühlsystem der Anlagen braucht. Das Wasser würde man tief aus der Erde holen, wenn die Anlagen mitten in der Sahara stehen, was nicht nachhaltig ist. Schlimmer noch war die ursprüngliche Idee, den Strom in Afrika zu erzeugen und nach Europa zu transportieren. Dabei hat Afrika einen so großen Energiebedarf! Ich habe bei einer Desertec-Konferenz diese Idee als neokolonialistisch und eurozentrisch kritisiert. Die Leute haben aus der Kritik gelernt und ihr Konzept geändert. Nun wollen sie auch Afrika südlich der Sahara einbeziehen, etwa Mali und Mauretanien.
Europa stellt sich allerdings eher ungeschickt an. Macht es China besser?
Die Chinesen kommen als Freunde, geben uns das Gefühl, dass wir gleichberechtigt sind. In Wahrheit werden wir allerdings eingelullt. Der Auftritt der Europäer funktioniert nach wie vor nach dem Motto: „Wir sind besser als ihr, wir zeigen euch, wo es lang geht!“ Die Chinesen sind da, um so viele Rohstoffe wie möglich zu holen. Sie machen das Gleiche wie die Europäer, aber raffinierter.
Wenn die Chinesen eine Straße in Afrika bauen, ist sie in kürzester Zeit fertig. Das beeindruckt die Afrikanerinnen und Afrikaner. Doch sie kommen mit ihren eigenen Leuten, und das Wissen bleibt nicht da. Auch der Mangel an Fachkräften in ganz Afrika ist eine Nachwirkung der kolonialen Geschichte. Als wertvoll wurde nur eine theoretische Ausbildung gesehen. Auf Schüler in eine Berufsschule hat man herabgesehen.
Was macht Ansole konkret für die Ausbildung?
Wir fördern den Austausch junger WissenschaftlerInnen innerhalb von Afrika. In Kooperation mit Abdus Salam International Centre for Theoretical Physics in Triest vergeben wir Stipendien für jeweils ein halbes Jahr Aufenthalt in Linz. Doch wir brauchen noch viel mehr Geld für solche Programme. Ansole ist im Gespräch mit Partnern in Südsudan, die beim Aufbau einer Bildungsstätte für Facharbeiter mitwirken wollen. Und Japan will in Tunesien eine Bildungsstätte für Hochtechnologie bauen und Ansole dabei miteinbeziehen.
Daniel Ayuk Mbi Egbe lehrt seit drei Jahren am Institut für organische Solarzellen der Johannes Kepler Universität Linz. Der habilitierte Wissenschaftler ist gebürtiger Kameruner und studierte in Deutschland Chemie. Sein Spezialgebiet ist die Herstellung von organischen Halbleiterpolymeren.
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