Durch betroffene afrikanische Migrantinnen ist weibliche Genitalverstümmelung (FGM) auch in Europa ein Thema.
Weltweit sind etwa 140 Millionen Frauen betroffen. In 28 afrikanischen Ländern wurden bis zu 90% der Frauen Teile der äußeren Genitalien mit Messern, Glasscherben oder Rasierklingen weggeschnitten, meist als Kind, oft schon als Baby. Eltern glauben, dass nur eine verstümmelte – und dadurch reine – Frau ein gutes Eheleben führen kann. Doch FGM passiert auch in Europa – auch in Österreich. Eine Studie der afrikanischen Frauenorganisation aus dem Jahr 2000 belegt, dass etwa 30 Prozent aller in Österreich lebenden Familien, die aus Gebieten kommen, in denen FGM praktiziert wird, auch planen, ihre Töchter „traditionsgemäß“ verstümmeln zu lassen. Der Eingriff wird bei Heimatbesuchen, durch eine extra eingeflogene Person oder selbst von ÄrztInnen in Europa durchgeführt – gegen gute Bezahlung.
Die Gesetze Österreichs sind klar und streng: FGM gilt als schwere Körperverletzung. Weder dürfen Eltern für ihre Kinder, noch eine volljährige Frau für sich selbst mit strafbefreiender Wirkung in die Genitalverstümmelung einwilligen. Die Tat ist auch bei Begehung im Ausland strafbar. Seit 2006 gilt die Verjährungsfrist der Tat ab der Volljährigkeit des Opfers.
In Europa wird die Debatte rund um FGM oft in die Integrationsdebatte verlagert. Die Argumentation lautet, dass afrikanische EinwandererInnen das FGM-Verbot anerkennen müssen, um sich zu integrieren. Doch hier wird das Pferd von hinten aufgezäumt. Ein Festhalten an der grausamen Tradition ist oft Zeichen eines fehlenden Integriert-Werdens, nicht des fehlenden Integrationswillens. Seit 2005 bietet die afrikanische Frauenorganisation die erste Beratungsstelle in Wien für Frauen, die von FGM betroffen sind.