Europäische EZA am Prüfstand

Von Gertraud Findl · · 2007/06

Ein soeben erschienener Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten deckt Defizite auf, mahnt zum Handeln – und fordert die Regierungen zum Worthalten auf.

Zum zweiten Mal seit 2006 stellte in Brüssel Mitte Mai eine Koalition aus mehr als 1.600 europäischen entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) den so genannten Aid Watch Report vor. Darin werden die öffentlichen EZA-Leistungen der alten wie auch neuen EU-Mitglieder für das Jahr 2006 unter die Lupe genommen. Neben einigen positiven Trends, beispielsweise steigerte Irland seine ODA (Official Development Assistance) 2006 um rund ein Drittel, zeigt der Report, dass Spanien, Portugal, Griechenland und Italien die schon 2002 verbindlich festgelegten 0,33% des Bruttonationaleinkommens (BNE) für EZA-Leistungen nicht erreichten. Andere wichtige Geberländer wie Deutschland, Frankreich und auch Österreich brachten diesen Prozentsatz nur durch Einrechnung von Entschuldungsmaßnahmen, Flüchtlingsbetreuung und Kosten für ausländische Studierende auf. Mit einer öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit von 0,48% des BNE hat Österreich das zugesagte Ziel locker übertroffen, jedoch fallen 59% in diese Kategorie der indirekten Leistungen – mehr als in jedem anderen europäischen Land.
Zwar ist die Einrechnung von Entschuldungen nach den Richtlinien der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) erlaubt, sie wird aber nicht nur von NGOs immer wieder kritisch hinterfragt, bedeutet sie doch eine Reduktion jener Mittel, die Entwicklungsländern unmittelbar zugute kommen. 2006 betraf dies rund ein Drittel der öffentlichen europäischen EZA, etwa 13,5 Mrd. Euro. Dass es auch (fast) ohne Einrechnung funktioniert, beweisen Länder wie Irland, Finnland und Luxemburg mit einem Anteil von nur ein bis zwei Prozent an ihrer ODA.

Als problematisch erweist sich diese Berechnungspraxis öffentlicher EZA auch im Hinblick auf die Einhaltung international eingegangener Verpflichtungen. Galt es für die EU-Staaten im Jahr 2006 noch 0,33% ihres jeweiligen BNE für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen, erhöht sich dieser Prozentsatz bis 2010 bereits auf 0,51%. Kommen auf Österreich in den nächsten Jahren keine neuen Entschuldungsinitiativen zu – und derzeit sieht es nicht danach aus –, muss Österreich im Jahr 2010 rund 700 Millionen Euro mehr für EZA budgetieren als noch 2006. Ein Anstieg, der sich bereits jetzt innerhalb der Finanzplanungen niederschlagen müsste. Die minimale Steigerung der vorgesehenen EZA-Leistungen im Doppelbudget 2007/2008 weist jedoch nicht in diese Richtung. Will Österreich seine international eingegangenen Verpflichtungen wirklich erfüllen und wirksame Entwicklungshilfe leisten, müssen die EZA-Budgets in den nächsten Jahren schrittweise signifikant gesteigert und die Abwicklungsstrukturen entsprechend aufgebaut werden. Das gilt auch für alle anderen, im Bereich öffentliche EZA säumigen EU-Mitgliedstaaten.

www.eu-plattform.at

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