Es riecht wieder nach Jasmin

Von Redaktion · ·
Porträt von Banan Sakbani
Banan Sakbani © privat

Zum ersten Mal nach 14 Jahren Krieg Weihnachten und Silvester ohne Gedanken an Gefangene und Unterdrückte feiern zu können, fühle sich an wie ein Traum. So beschreibt Banan Sakbani, was sie angesichts des Sturzes des Assad-Regimes in Syrien empfindet.

Zum Jahreswechsel duftet es nach Freiheit. Es ist kaum zu glauben, dass sich 2025 ein friedliches Kapitel in Syriens Geschichte auftun könnte.

Befreit von jeder Sorge und jeglicher Angst. Befreit von den Verbrechen der Familie Assad und dem Elend, das sie über die vergangenen 50 Jahre verursacht hat. Befreit von einem Tyrannen und seiner Gewalt.
Zum ersten Mal wird meine Stadt Damaskus nach so vielen Jahren nach dem puren Duft der Jasminblüten riechen – frei von Blut und Tränen. Syrische Kinder, die auf der Flucht sind und in Zelten leben – sie lächeln und jubeln, nachdem sie in den vergangenen Jahren gelitten haben.
Und die Kinder, die nach Vergewaltigungen in den Gefängnissen geboren sind, erleben jetzt zum ersten Mal wahre Freiheit. Sie lernen jetzt erst, wie ein Baum aussieht, welche Farbe der Himmel hat und wie sich singende Vögel anhören.

Wünsche für den Übergang. Mein einziger Wunsch in diesem Jahr ist, dass Syrien zu einem Rechtsstaat wird, dessen Verfassung die Gewaltentrennung neu verankert und dessen Behörden nicht korrupt sind. Ein Syrien, wo Menschen nicht verhungern müssen und, wo es keine Stromausfälle gibt. Wo die Wände keine Ohren mehr haben, der Geheimdienst nicht verfolgt und foltert – und, wo man einfach seine Meinung laut aussprechen kann.
Ein Syrien, wo Minderheiten und Mehrheiten wieder in Sicherheit zusammenleben können, wie sie es vor dem Krieg getan haben. Syrien war ein Vorbild gewesen für das Zusammenleben vieler Religionen und Ethnien und soll es wieder werden.

Ich freue mich so sehr darauf den Wiederaufbau Syriens zu beobachten und, wenn ich kann, ihn aus der Ferne mitzugestalten. Ich habe in Istanbul gelebt, bevor ich nach Österreich kam. Hier, in meiner nunmehr dritten Heimat, möchte ich mein Studium der Rechtswissenschaften abschließen. Das Syrien von heute und morgen wird nicht nur ein intellektuelles junges Volk haben, sondern auch ein multikulturelles und mehrsprachiges.
Ach, wie schön es nach Freiheit riecht. Ich habe nicht gedacht, dass ich eine aus der Generation bin, die Syrien wiedersehen und mitgestalten wird. So sehr hat uns Assad unserem Land entfremdet und nun ist er auch ein Flüchtling. Ein reicher Flüchtling.

Banan Sakbani wurde 2003 in Syriens Hauptstadt Damaskus geboren. Als sie 14 Jahre alt war, kam sie wegen des Krieges und nach einem dreijährigen Aufenthalt in der Türkei nach Wien. Sie ist Integrationsbotschafterin des österreichischen Roten Kreuzes, Vortragende, Musikerin, Schauspielerin, Rechtsanwaltsassistentin und Autorin.

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