China hat weitreichende Vorleistungen zugesagt und könnte noch in diesem Jahr WTO-Mitglied werden.
Weitere 32 bilaterale Abkommen sind unter Dach und Fach, nur noch mit Mexiko und der Schweiz muss verhandelt werden. Was fehlt, ist außerdem noch der Segen u.a. des US-Senats und der EU-Gremien (Rat und Parlament). Auf multilateraler Ebene werden am Genfer WTO-Sitz ab Mitte September die Verhandlungen über das endgültige Beitrittspaket für China fortgesetzt. Stimmt der Allgemeine Rat der WTO diesem Paket zu und hat Peking alle Voraussetzungen erfüllt, ist China 30 Tage nach der entsprechenden Notifikation WTO-Mitglied.
Ob sich dies alles noch in diesem Jahr ausgeht, ist aber fraglich. Etwa werfen EU-Länder Peking Wortbruch vor, da erst drei der sieben im Mai versprochenen Lizenzen für EU-Versicherungsunternehmen erteilt wurden; Indien etwa fordert ähnliche Schutzrechte gegen China-Importe wie die USA (siehe unten), und schließlich bleibt noch die Taiwan-Frage: Zwar soll Taiwan unmittelbar nach der Volksrepublik China aufgenommen werden, doch soll China die Gelegenheit nützen und den Status Taiwans als Teil ihres Staatsgebiets von der WTO sanktionieren lassen.
„Die Presse sollte die Situation nicht dramatisieren“, meinte dazu Long Yongtu, Chinas Verhandlungsführer, Ende Juli in Genf. Gleichzeitig bezeichnete Long die bilateralen Abkommen als „sehr delikates Gleichgewicht“, das auf Basis der „äußersten Anstrengungen“ Pekings zustandegekommen sei – „zusätzliche Verpflichtungen“ seien daher nicht möglich.
Und in der Tat hat China weitgehende Vorleistungen zugesagt. Nicht nur muss die Volksrepublik selbstverständlich alle in die WTO integrierten Abkommen einhalten. Peking wird auch darauf verzichten, bei der Umsetzung einiger Abkommen die für Entwicklungsländer bestehenden Vorteile wie etwa längere Fristen zu beanspruchen. Dies gilt etwa für TRIPS, das Abkommen über den Schutz handelsbezogener geistiger Eigentumsrechte, und für TRIMS, das Bedingungen für ausländische Investoren wie etwa Technologietransfer untersagt.
Da China aufgrund des Meistbegünstigungsprinzips bilaterale Zugeständnisse auch allen anderen WTO-Mitgliedern gewähren muss, sind insbesondere die Abkommen mit den großen Handelsblöcken zu beachten. Gegenüber den USA, Japan und der EU verpflichtete sich die Volksrepublik zu teils drastischen Zollsenkungen von der Landwirtschaft über die Autoindustrie bis zu High-Tech-Produkten und stimmte einer weitgehenden Öffnung des eigenen Markts im Dienstleistungsbereich zu. Betroffen sind u.a. die Sektoren Telekommunikation, Banken, Versicherungen sowie der Einzelhandel. Der EU sicherte Peking auch die Nicht-Diskriminierung im öffentlichen Beschaffungswesen zu, während die USA sich das Recht aushandelten, die bisherige Anti-Dumping-Praxis gegen chinesische Importe bis zu 15 Jahre nach dem WTO-Beitritt Chinas beizubehalten.
Was ist der Vorteil für China? In erster Linie eine Stabilisierung und Erweiterung des Marktzugangs für chinesische Exporte und der Zugang zu den Streitschlichtungsregeln der WTO, womit dem Unilateralismus der Handelspartner Einhalt geboten werden kann. Etwa wird die bisher jährliche Prüfung des Status Chinas als „normaler Handelspartner“ durch den US-Kongress entfallen, von den Expansionschancen für chinesische Unternehmen aufgrund der geltenden Reziprozität ganz zu schweigen.
Als wichtigsten Grund heben viele Beobachter aber vor allem eines hervor: Die WTO soll dazu dienen, den internen Widerstand gegen weitere Wirtschaftsreformen auszuhebeln und mit der Ineffizienz der Industrie und des Finanzwesens aufzuräumen. Eine Rosskur, kein Zweifel.
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