Susana Baca ist eine Symbolfigur der afroperuanischen Minderheit. Sie hat es geschafft: erst als Musikerin, dann als Wissenschaftlerin – nun bekleidet sie als erste schwarze Peruanerin ein Ministeramt in der aktuellen Regierung.
"Bildung ist der Schlüssel, um uns Respekt zu erarbeiten, das habe ich am eigenen Leib erfahren“, erklärt Susana Baca und lächelt. Es ist ein stolzes Lächeln, das Perus populärste Sängerin und einer der Stars der internationalen Weltmusikszene aufblitzen lässt. Und ein überaus optimistisches. Optimismus gehört zu Susana Baca genauso wie ihre warme, volle Stimme, die kurzen, lockigen Haare und die dunkle Haut. Wegen ihrer Hautfarbe wurde Perus erste schwarze Ministerin in der Schule diskriminiert. Das war auch ein Grund, weshalb sie Pädagogik wählte, als ihre Mutter sie ermahnte, etwas „Richtiges“ zu lernen und sich nicht auf die Musik zu verlassen.
Susana Esther Baca de la Colina lautet der vollständige Name der Frau, die noch vor ein paar Wochen in Deutschland ihre neue CD vorstellte und das Publikum mit ihrer markanten ausdrucksvollen Stimme begeisterte. Auf der Bühne ist die Lehrerin, die mehrere Jahre unterrichtete, in ihrem Element, und auch als Ministerin wird die 67-Jährige, der man ihr Alter nicht ansieht, immer wieder zum Mikrofon greifen – nur deutlich seltener.
Nun warten neue Aufgaben auf die neu gebackene Ministerin aus Chorillos, einem Fischerort vor den Stadtgrenzen Limas, und die haben es in sich. Erst vor ein paar Wochen wurde die Nationalbibliothek geplündert. Nachhaltige Konzepte für die Tourismusattraktionen Machu Picchu, den Cañon de Colca oder Caral, die älteste Stadt Lateinamerikas, wollen entwickelt werden.
Neuland für die agile, offene Frau, die sich nie allein auf die Musik konzentriert hat. Susana Baca trat gemeinsam mit ihrem Mann Ricardo Pereira, einem Soziologen aus Bolivien, immer auch als Wissenschaftlerin auf. In New York, Bogotá, Havanna oder Madrid. Dort machte sie auf die weitgehend unbekannte Geschichte der AfroperuanerInnen aufmerksam, stellte deren kulturellen Reichtum vor und warb hartnäckig für mehr Gleichberechtigung und weniger Diskriminierung.
Nicht nur mit Worten, auch mit Taten engagiert sich die Sängerin. Ihre Villa im Stadtteil Chorillos, die nur einen Steinwurf vom Meer entfernt liegt, war immer auch ein Anlaufpunkt für Wissbegierige . Hier erhielten Musikerinnen und Ethnologen, Dichterinnen und Denker Anregungen und manchmal auch ein wenig Ausbildung. In dem kleinen Proberaum neben dem Studio im Garten fand so manche Session statt, bei der einige MusikerInnen ihre ersten Auftritte hatten. Oben in der Bibliothek lässt sich auch in größerer Runde arbeiten und konzipieren. Hier steht die Wiege des Instituto Negro Continuo, gegründet von Susana Baca mit ihrem Mann, um zur afroperuanischen Kultur zu forschen und dem latenten Rassismus in der Gesellschaft den Boden zu entziehen. Das hat einiges in Peru bewegt, denn das Wort Susana Bacas hat spätestens seit ihrem Grammy-Gewinn 2002 Gewicht. Sie gilt seitdem als Botschafterin eines anderen Peru und als Diva der Weltmusik. Eine sehr engagierte Diva, die ein eigenes Kultur- und Bildungszentrum in der Gemeinde, in der ihre Mutter geboren wurde, aufgebaut hat.
In Santa Bárbara, rund zwei Fahrtstunden südlich von Lima, liegt das Zentrum. Eine alte Zuckerrohrfabrik hat sie gekauft, umgebaut und mit einem engagierten Bildungs- und Kulturangebot versehen. Manchmal steht sie dort – genauso wie ihr Mann – selbst am Pult. Dazu wird ihr der Ministerjob wohl kaum Zeit lassen, aber dass sie sich als Ministerin für die Minderheiten stark machen wird, ist ein offenes Geheimnis in Lima. „Sie ist ein Symbol in Peru und hat sich immer gegen die Diskriminierung von Minderheiten eingesetzt“, sagt Monica Carrillo von dem Afroperuanischen Studien- und Förderzentrum Lundu. Ähnlich wie Susana Baca ist die junge schwarze Frau mit den Dreadlocks Sängerin, Wissenschaftlerin und Kämpferin in Personalunion und engagiert sich gegen die latente Diskriminierung in den Schulen, aber auch im Fernsehen des Landes.
Der neuen Regierung unter Präsident Ollanta Humala (s. Titelgeschichte in SWM 6/11) dürfte das Engagement Susana Bacas gefallen, denn die Diskriminierung von Indigenen und der farbigen Minderheit, in Peru lange Jahre kaum geahndet, soll nicht mehr geduldet werden. Insofern passt Susana Baca gut ins Kabinett, auch wenn in Lima geunkt wird, dass sie den Ministerposten nur erhielt, weil es zu wenige Frauen im Kabinett gab. Der Diva aus Chorillos wird es egal sein, denn das Ministeramt bietet durchaus Potenzial, um auch etwas für die schwarze Kultur zu tun. Da ist Frau Baca nun einmal zuhause.
Knut Henkel lebt als freier Publizist in Hamburg und bereist häufig Lateinamerika.
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