Konfliktlösung wird eine immer wichtigere Kompetenz in allen Lebensbereichen, vom Privaten bis zur hohen Politik. Auf Burg Schlaining im Burgenland fand eine bemerkenswerte Internationale Akademie zu diesem Thema statt.
Es gibt genug, um die Bedürfnisse aller zu erfüllen, aber nicht, um die Gier aller zu befriedigen.“ Immer wieder wurde dieser Satz des indischen Freiheitskämpfers Mahatma Gandhi bei der Internationalen Akademie für Konfliktlösung in Stadtschlaining im Burgenland in diesem Sommer zitiert. Legitime menschliche Grundbedürfnisse erwiesen sich als ein zentrales Thema in der Frage nach den Ursachen und Lösungsmöglichkeiten von Konflikten.
Diese Grundbedürfnisse lassen sich knapp zusammenfassen als psychisches und physisches Wohlbefinden (dies inkludiert Ernährung, Kleidung, Wohnung, Bildung, Gesundheit, Sicherheit), Freiheit (Wahlmöglichkeiten im Privat- und Berufsleben sowie als BürgerIn) und Identität (innerhalb des eigenen Kulturidioms zu leben). Nicht zu den legitimen Bedürnissen zählt der Wunsch, die legitimen Bedürfnisse anderer zu unterdrücken. Denn wo immer dies geschieht, vom Privatleben bis zur internationalen Ebene, etwa bei einem gescheiterten Friedensschluss wie dem Oslo-Abkommen, droht Gewalt.
Die Akademie verstand sich als Forum für einen Dialog der diversen Konfliktlösungsmethoden, die sich in den letzten Jahren entwickelt haben. Konfliktlösung wird nach Ansicht der Veranstalter im Zeitalter der Globalisierung eine immer wichtigere Kompetenz in allen Lebensbereichen, vom privaten und Alltagsleben über Gesellschaft, Kultur bis zu Politik und Wirtschaft. Konflikte sind dabei nicht das Problem. Konflikte wird es immer geben, waren sich die ExpertInnen einig, die vom Friedensforscher Johan Galtung über Marshall Rosenberg, den Begründer der gewalfreien Kommunikation, und A. T. Ariyaratne (siehe Interview auf S. 22/23), den Gründer und Leiter der von Buddhismus und Mahatma Gandhi inspirierten größten Entwicklungs-NGO in Sri Lanka, bis hin zu prominenten VertreterInnen von Methoden wie Systemischen Strukturaufstellungen, Psycho- und Soziodrama sowie Traumaarbeit reichten.
Konflikte beruhen auf zunächst unvereinbar erscheinenden Zielsetzungen und sind an sich weder gut noch schlecht. Die Frage ist vielmehr, wie wir mit ihnen umgehen. Wie wir uns ihnen auf gewaltlose Weise nähern können und wie wir in Konflikten, die bereits in Gewalt gemündet sind, echten Frieden schaffen und zugleich Aufrechnung und Revanche durch Heilung und Versöhnung ablösen können. Bei all ihrer Unterschiedlichkeit weisen die in Schlaining vorgestellten Methoden grundlegende Gemeinsamkeiten auf. Wichtig ist dabei ihr Streben weg vom Dualismus Gut und Böse und dem damit verbundenen Manichäismus, also einer strikten Aufteilung der Welt in Gut und Böse; weg vom Sieg der einen, deren Kehrseite zwingend die Niederlage der anderen ist; weg auch von Kompromissen, die auf allen Seiten nur Unzufriedenheit hinterlassen; und hin zu kreativen, konstruktiven Lösungen, die die legitimen Bedürfnisse und legitimen Zielsetzungen aller Seiten integrieren.
Es ist eine gewaltige Herausforderung mit gewaltigen Hürden, darüber macht sich keine/r der in Schlaining vertretenen ExpertInnen Illusionen. Zu lange schon vermittelt Galtung in internationalen Konflikten, erlebt Ariyaratne den Bürgerkrieg in Sri Lanka mit oder Rosenberg die Allgegenwart gewalttätiger Kommunikation. Umso dringender sind Dialog und Verbreitung von Konfliktlösungsansätzen.
Wilfried Graf vom Österreichischen Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung in Stadtschlaining und Organisator der Akademie betont, wie wichtig es für alle wäre, die eigene Fähigkeit zu einer friedlichen Konflikttransformation zu entwickeln: „Das Training sollte im Kindergarten beginnen und Bestandteil unserer alltäglichen Erziehung werden. Unsere Gesellschaft ist so gewalttätig, dass es sich lohnt, zu versuchen, diese alltägliche Gewalt abzubauen“ und eine friedliche Alltagskultur zu entwickeln.
Die „Internationale Akademie für Konfliktlösung“ ist eine weltweit einmalige Einrichtung und fand heuer erstmals statt. Sie soll in Zukunft alljährlich stattfinden. Näheres über die Arbeit des Österreichischen Instituts für Frieden und Konfliktlösung auf www.aspr.ac.at/compair.htm
www.aspr.ac.at/compair.htm