Hannes Bauer stellt aus der Sicht des Wissenschaftsministeriums die vier Wege zur Nachhaltigkeit vor.
In theoretischen Gesprächsrunden ist man sich rasch einig, wie man am besten zu einer nachhaltigen Gesellschafts- und Wirtschaftsform kommen kann: Transport, Energie und Rohstoffverbrauch müssen kräftig besteuert, Arbeit und Einkommen gerecht aufgeteilt und dem Süden seine Finanzschuld erlassen werden. An der Realität zerplatzen diese hehren Ideen wie zarte Seifenblasen. Der Widerstand der „pragmatischen Allianz“ aus Industrie, Politik, theoretischer Ökonomie und Medien ist fest wie Granit.
Chance auf Umsetzung haben vorerst nur solche Ansätze, die Berührungspunkte mit dem herrschenden Wirtschaftssystem aufzuweisen haben, und das sind vorwiegend Umwelttechnologien. Die kann man verkaufen, und sie wahren die Illusion, daß mit Technik alles machbar sei. Folglich hat die Nachhaltigkeitsdebatte einen starken Drall (oder ‚Spin‘) in Richtung „Ökoeffizienz“ erhalten. Rohstoff- und energiesparende Produkte, Verfahren und Dienstleistungen bestimmen die Suche nach Lösungen.
1. Heizen mit der Sonne
Der Anteil der Raumwärme am Endenergieeinsatz in Österreich liegt bei 40%. Dieser wird nach wie vor großteils durch fossile Energieträger, also Öl, Gas, Kohle, gedeckt. Als solaren Gegentrend begannen Anfang der neunziger Jahre die „ARGE Erneuerbare Energie“ und Solartechnikunternehmen mit dem Einbau von solaren Heizungssystemen in Einfamilienhäusern. Zunächst kamen nur Systeme zur Erhitzung des Brauchwasser zum Einsatz, neuerdings geht der Trend in Richtung „teilsolare Raumheizung“. Bei guter Wärmedämmung und architektonischer Nutzung der Sonne können Einfamilienhäuser zu 20 bis 45% von der Sonne geheizt werden. Gegenwärtig werden „Nullemissionshäuser“ entwickelt, die beim Heizen ohne fossile Brennstoffe auskommen und zudem aus biologischen Materialien errichtet werden.
2. Bioenergie-Cluster
In Österreich beträgt der Biomasseanteil am Primärenergieverbrauch schon jetzt rund 12 %, während der EU-Durchschnitt nur etwa 3% ausmacht. Doch nach wie vor liegen bedeutende Potentiale in Österreich brach: Nur zwei Drittel des nationalen Holzzuwachses werden genutzt.Vier Ministerien (Umwelt, Wissenschaft, Landwirtschaft, Wirtschaft) haben deshalb beschlossen, Biodiesel, Biogas, Holz-Kleinanlagen, Fernwärmenetze, die Verwertung von Spänen in der Säge- und von Ablauge in der Zellstoffindustrie stärker zu fördern.
Im März wurde ein Bioenergie-Cluster ins Leben gerufen, der die Vernetzung und Kooperation von Akteuren in dieser Branche zum Ziel hat. Ähnlich Dänemark am Sektor der Windenergie könnte Österreich mit Bioenergie-Technologien europaweit eine führende Rolle einnehmen.
3. Cleaner Production
Vorsorgender betrieblicher Umweltschutz bedeutet vorrangig Vermeidung oder Reduktion von Abfällen und Emissionen. Geringere Entsorgungskosten und verminderter Rohstoffeinsatz bringen aber auch wirtschaftliche Vorteile. Um solche Erkenntnisse in Industrie und Gewerbe zu verbreiten, starteten das Wissenschaft- und das Umweltministerium 1990 österreichische PREPARE-Programme. Unter anderen nahm daran die niederösterreichische Firma Voith teil, die Papiermaschinen, Turbinen und Turbogetriebe erzeugt. Durch zahlreiche Maßnahmen wie Vermeidung von Druckluftverlusten oder Umstellung auf wasserverdünnbaren Anstrich konnten bei einmaligen Investitionen von 3,3 Millionen Schilling jährliche Gesamteinsparungen von 8 Millionen Schilling erzielt werden.
4. Technologieprogramm „Nachhaltig Wirtschaften“ – at:sd
Dieses Technologieprogramm des Wissenschaftsministeriums will den ökologischen Strukturwandel an neuralgischen „Akupunkturpunkten“ anreizen. Zum Beispiel soll die Wettbewerbsfähigkeit von kreislaufführenden Technologien, nachwachsenden Rohstoffen und umweltgerechten Produkten und Leistungen verbessert werden. Das „Netzwerk für nachhaltige Wirtschafts- und Technologieentwicklung“ erarbeitet gerade Entwicklungs- und Umsetzungskonzepte in sechs Aktionsschwerpunkten: Solarenergie, Energie aus Biomasse, Nachhaltiges Bauen und Wohnen, Nachwachsende Rohstoffe, Produkte-Verfahren-Dienstleistungen sowie nachhaltige regionale Wirtschaftsentwicklung.
Hannes Bauer arbeitet in der Abteilung für Energie- und Umwelttechnologien des Wissenschaftsministeriums. Weitere Informationen: www.forschungsforum.at.
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