Zwei Jahrzehnte dauert die Diskussion schon an. Jetzt wird auf internationaler Ebene endlich eingestanden, dass auch die reichen Staaten ihren Teil zum üblen Spiel Korruption beitragen. Das ergibt Handlungsbedarf. Wirksame Gegenmaßnahmen stecken erst in der Anfangsphase.
Mit Genugtuung konstatierten die ExpertInnen der Korruptionsbekämpfung auf ihrer mittlerweile 11. Konferenz im Mai 2003 in Seoul, dass Korruption nicht mehr allein als Problem der Länder des Südens wahrgenommen wird, die – angeblich „kulturell bedingt“ – eine besondere Neigung zu Vetternwirtschaft zeigten. Verschiedene Initiativen auf zwischenstaatlicher Ebene machten vielmehr deutlich, dass auch die Täterschaft von Unternehmen des Nordens zunehmend in das Blickfeld der staatlichen Korruptionsbekämpfung gerate.*)
Als Beispiel für diese Trendwende kann die am 13. 12. 2003 in Mérida, Mexiko, unterzeichnete UN-Konvention gegen Korruption gelten. Sie enthält nicht nur grundlegende Richtlinien zur Prävention von Korruption – etwa, wie Staatshaushalte transparenter zu gestalten sind oder wie „Interessenkonflikten“ von StaatsbeamtInnen wirkungsvoll vorgebeugt werden kann. Die Konvention setzt darüber hinaus auch dort an, wo die aus korrupten Geschäften gewonnenen Gelder schließlich landen: bei den Banken des Nordens. Die neue Konvention der Völkergemeinschaft sieht vor, dass im Ausland geparkte Gelder gesperrt werden müssen, wenn Verdachtsmomente wegen korrupter Geschäfte vorliegen. Wird der Verdacht durch weitere Ermittlungen bestätigt, muss das Geld an das geschädigte Land rückübertragen werden (wo die Regierung dann hoffentlich inzwischen verantwortungsvoller damit wirtschaftet).
b>Auf besondere Beachtung der internationalen Anti-Korruptionsbewegung stößt aber auch eine Prozess-Serie, die der Kleinstaat Lesotho im Süden Afrikas gegen die Multis der internationalen Bau- und Ingenieursbranche angestrengt hat. Bereits Mitte der 90er Jahre hatte das Königreich seine Staatsanwaltschaft damit beauftragt, Ermittlungen wegen der Bestechungszahlungen bei der Auftragsvergabe für das umstrittene Stauwerk „Lesotho Highlands Waters Project“ aufzunehmen. Nachdem Lesothos Justizbehörden daraufhin zunächst den verantwortlichen Projektleiter wegen der Annahme von Schmiergeldern in Millionenhöhe hinter Gitter brachten, verfolgt das Land jetzt das Motto „it takes two to tango“ (sinngemäß: um einen Tango aufs Parkett zu legen, braucht es immer zwei Partner) und bringt auch die Zahler der Schmiergelder vor den Kadi. Zwei Ingenieursfirmen aus Kanada und Deutschland wurden bereits von Lesothos Gerichtshof zur Zahlung einer Millionenstrafe verurteilt. Weitere Prozesse sind in Vorbereitung.
Die Verurteilungen waren durch Hilfe aus der Schweiz möglich geworden, wo ein geheim gehaltenes Privatkonto des Projektleiters aufgespürt wurde. Die dortige Staatsanwaltschaft zeigte sich bereit, ihre Ermittlungsergebnisse an das Gericht in Lesotho weiterzuleiten, und dank dieser Rechtshilfe konnte den Firmen schließlich nachgewiesen werden, dass sie tatsächlich Schmiergelder gezahlt hatten – auch wenn sie die Zahlungen über die Einschaltung von Mittelsmännern, die das Geld weiterverschoben, zu verschleiern versucht hatten.
In anderen Staaten tun sich die Staatsanwaltschaften sehr schwer damit, solche verdeckten Geldübertragungen aufzudecken. Überhaupt werden die Erfolge der Justiz weltweit insbesondere dann rar, wenn es um die Überführung nicht nur der Bestochenen, sondern auch der Schmiergeldzahlenden geht. Zwar hat der Zusammenschluss der Industriestaaten, die OECD, im Jahr 1997 eigens eine „Konvention gegen die Bestechung ausländischer Amtsträger“ verabschiedet, doch noch wurde seitdem in keinem Land des Westens – außer vielleicht in den USA – einE FirmenmitarbeiterIn wegen Bestechungszahlungen verurteilt. Das hängt auch mit dem fehlenden politischen Willen zusammen, sagt ein Mitarbeiter von Transparency International. In vielen Ländern herrsche noch immer die Befürchtung vor, dass die effektive Bekämpfung von Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr wettbewerbsschädigend sei.
Hier zeigt sich, dass es oft eben doch ein sehr steiniger Weg ist von der Verabschiedung vollmundiger Konventionen bis hin zu ihrer Umsetzung.
*) Abschlussdokument der 11. Internationalen Anti-Korruptions-Konferenz: www.transparency.org.au/documents/seoul_findings.pdf
Bettina Stang ist freie Journalistin und Mitarbeiterin der Zeitschrift Entwicklungspolitik, Frankfurt/M.