Während viele Länder damit kämpfen, ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren, ist das kleine Königreich Bhutan bereits CO2-negativ – also klimapositiv.
Es ist besser, viele Male Milch und Käse zu haben, anstatt sich einmal mit Fleisch zu begnügen – das alte bhutanische Sprichwort leitet das erste Kapitel der Nationalen Umweltstrategie des südasiatischen Landes Bhutan ein. Das Königreich will sich nicht bloß auf die Umwelt, sondern auf ganzheitliche Entwicklung konzentrieren.
Zwischen Indien und China im östlichen Himalaya auf großteils über 2.000 Höhenmeter gelegen, ist Bhutan eines der „grünsten“ Länder der Welt.
Die Umweltstrategie ist dabei Teil des sogenannten Mittelweges („Middle Path“), der Entwicklungsstrategie Bhutans, die auf der buddhistischen Philosophie beruht, dass Glück eher aus ausgeglichenem Handeln als aus extremen Vorgehensweisen hervorgeht. Es soll eine Balance zwischen Wirtschaftswachstum, Erhaltung kultureller Tradition und Umwelt aufrechterhalten werden. In der Umweltstrategie setzt Bhutan auf drei Schwerpunkte, die Entwicklung der Wasserkraft, nachhaltiges Wachstum der Industrie und die Förderung der Landwirtschaft, und möchte seine Treibhausgas-Bilanz weiter negativ halten, also dafür sorgen, dass die Wälder des Landes weiter jährlich mehr Kohlenstoff speichern als das Land an Treibhausgasen emittiert.
Wirtschaften im Himalaya. Naturschutz steht in Bhutans Verfassung: 60 Prozent des Landes sind laut dieser für immer mit Wald bedeckt zu halten. Aktuell sind über 70 Prozent der rund 38.400 km² bewaldet. Kommerzielles Holzfällen ist untersagt.
Die Wirtschaft des Landes stützt sich vor allem auf den Energiehandel, Haupteinnahmequelle ist der Export von grünem Strom aus Wasserkraft – vorrangig nach Indien.
Bhutan verfügt ansonsten über wenig Industrie, die Mehrheit der Bevölkerung ist selbsterhaltend in der Landwirtschaft tätig, Agrarprodukte werden kaum exportiert.
Durch die kaum vorhandene Industrie stößt das Land weniger als 2,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente aus. Zum Vergleich: Luxemburg, mit einer im Vergleich zu Bhutan (ca. 780.000 Einwohner*innen) etwas kleineren Bevölkerungszahl (ca. 610.000 Einwohner*innen), emittiert mehr als fünfmal so viel.
Der Tourismus gilt ebenfalls als Einnahmequelle, seit Öffnung des Landes 1974 wird er aber bewusst im Sinne des Naturschutzes und Kulturerhalts stark limitiert. Nur auf persönliche Einladung oder über bestimmte registrierte Reiseunternehmen darf man in das Land einreisen.
Streben nach Glück. Gemessen wird die ganzheitliche Entwicklung mit dem viel zitierten Bruttonationalglück (BNG) – als Alternative zum weltweit gängigen Bruttonationalprodukt, das einen Schwerpunkt auf wirtschaftliche Entwicklung setzt. Der damalige König Jigme Singye Wangchuck führte 1974 dessen Berechnungsformel ein.
In regelmäßigen Abständen werden Umfragen zum Wohlbefinden der Bevölkerung erhoben, die Maßeinheiten für das Glück sind dabei beispielsweise das seelische Wohlbefinden, die Gesundheit und das Bildungslevel der Bevölkerung.
Armut & fehlende Jobs. Trotz politischem Fokus auf das Glück der eigenen Bevölkerung erreicht Bhutan im World Happiness Ranking der Vereinten Nationen 2019 nur Platz 95. Gründe dafür sind wohl die hohe Arbeitslosigkeit und Armut.
Mangelnde wirtschaftliche Diversifikation und fehlende Ausbildung von Facharbeiter*innen führen dazu, dass viele keinen Job haben.
Auch von den Folgen der Klimakrise bleibt das Königreich nicht verschont. Durch Unregelmäßigkeiten im saisonalen Monsunregen werden Erdrutsche und Fluten häufiger und gefährden die Landwirtschaft und die Infrastruktur. Hinzu kommen die schmelzenden Gletscher des Himalaya. Gleichzeitig sinken die Pegel der Flüsse durch längere Trockenzeiten – das gefährdet die Stromproduktion im Land und damit die wichtigste Einkommensquelle.
Bhutan braucht in Anbetracht dieser Herausforderungen Unterstützung. Vor allem Indien ist ein wichtiger Finanzierungs- und Handelspartner. Fast die Hälfte des Budgets für Bhutans Entwicklungsstrategie wird indirekt von Indien getragen.
Mit Deutschland ist eine stärkere Zusammenarbeit in Sachen Biodiversität geplant. Und Österreich ist im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit seit den 1980er Jahren im Land aktiv und unterstützt vor allem die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und die nachhaltige Energieversorgung: Gefördert wurden dabei der Bau von Gerichtshöfen und Wasserkraftwerken sowie die Ausbildung von Richter*innen und Gerichtsdiener*innen sowie Facharbeiter*innen für den Tourismussektor.
Rosalie Marktl ist Journalismus-Studentin und arbeitet als Yogalehrende in Wien.
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