„Ein demokratisches System ist immer besser“

Von Bettina Rühl · · 2024/Sep-Okt

Martin Kinyua arbeitet für eine Kaffee-Kooperative in Kenia. Im genossenschaftlichen Arbeiten sieht er fast nur Vorteile.

Warum sind Sie Mitglied einer Kooperative?

Für uns Bäuerinnen und Bauern hat das viele Vorteile. Die Kooperative verarbeitet und vermarktet meinen Kaffee. Nachdem ich meine rohen Kaffeekirschen abgegeben habe, brauche ich bloß noch zu warten, bis mir mein Geld ausgezahlt wird. Außerdem kriegt die Kooperative Mengenrabatte auf Dünger oder Schädlingsbekämpfungsmittel, die günstigeren Preise werden an die Mitglieder weitergegeben. Und die Kooperative gewährt ihren Mitgliedern zinslose Kredite, damit sie die Zeit überbrücken können, bis ihr Geld nach dem Verkauf des Kaffees ausgezahlt wird. Darüber hinaus können sie sich Geld für Investitionen leihen, zu einem sehr günstigen Zinssatz von zehn Prozent. Bei den Banken liegen die Zinsen gegenwärtig zwischen 19 und 22 Prozent.

Sie haben ein Fairtrade-Siegel – hätten Sie das als einzelner Bauer bekommen können?

Nein. Wir haben das Siegel seit zwölf Jahren, und es hat uns wirklich nach vorne gebracht. Fairtrade hilft uns bei der Vermarktung unserer Produkte. Wir kriegen bessere Preise und zusätzliche Prämien. Außerdem unterschiedliche Schulungen, beispielsweise in Unternehmensführung oder guten, landwirtschaftlichen Praktiken. Dadurch hat sich unsere Produktivität sehr verbessert. Vor 2012 lag sie im Jahr bei durchschnittlich einer Million Kilogramm Kaffeekirschen. Das konnten wir auf fünf Millionen Kilogramm steigern.

Welche Möglichkeiten der Mitsprache haben die Bäuerinnen und Bauern?

Wir haben zwei Generalversammlungen im Jahr, zu denen meist um die 2000 Mitglieder kommen. Wir berichten über die Tätigkeiten der vergangenen Monate, die Zahlen, die Investitionsvorhaben. Wir verschweigen auch die Herausforderungen und Geschäftsrisiken nicht, die sich uns beispielsweise durch die Klimakrise stellen.

Was tun Sie denn, wenn Sie für Ihre Investitionsvorhaben keine Mehrheit bekommen?

Manchmal wird sehr lebhaft diskutiert, aber bisher bekamen wir – solange ich dabei bin – die Mehrheit für unsere Vorschläge. Wenn es anders wäre, müssten wir unsere Vorhaben aufgeben.

Hat es auch Nachteile, Mitglied einer Kooperative zu sein?

Ich will nicht sagen, dass alles nur großartig ist. Es gibt ja immer Menschen, die nicht der Meinung der Mehrheit sind. Wenn sie überstimmt werden, müssen sie sich deren Willen unterwerfen. Die Menschen akzeptieren das. Das System der Kooperativen ist in Kenia schon über 70 Jahre alt. Die Leute schätzen es, weil es sehr demokratisch ist. Ich bin davon überzeugt, dass ein demokratisches System immer besser ist als eine Autokratie.

Interview: Bettina Rühl

© Bettina Rühl

Martin Kinyua ist seit fünf Jahren Assistent der Geschäftsführung der Mutira Farmers Cooperative Society, einer kenianischen Kooperative von Kaffeebäuerinnen und -bauern, die 7.500 aktive Mitglieder hat – davon 5.400 Männer und 2.100 Frauen. Die Kooperative wurde schon 1951 gegründet und gehört damit zu den ältesten in Kenia. Der 30-jährige Kinyua ist in einer Kaffeeanbaufamilie aufgewachsen und hat einen Bachelor in „Agribusiness Management“ (ABM).

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